Yves Saint Laurent funkelt wieder. Das berühmteste Logo der Modebranche erstrahlt in neuem Glanz. Damit ist eingetreten, was niemand für möglich hielt, als im März 2004 Designer-Superstar Tom Ford als Creative Director das legendäre Modehaus verließ und auch den Gucci-Konzern, der es 1999 erworben hatte. Fords Nachfolger Stefano Pilati war ein Niemand. Man kannte nur seinen Namen und wusste, dass er als Fords rechte Hand das Design-Team bei Saint Laurent vier Jahre lang geleitet hatte.

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Doch nun ist es "Mr. Nobody" gelungen, in nur vier Saisonen dem Label wieder Ansehen und Status zu verschaffen, in einem Ausmaß sogar, wie es beides nicht einmal zu Fords Glanzzeiten besessen hatte. Der Grund: Saint Laurents Kleider beeinflussen wieder generell die Mode, so wie einst zu des großen Yves' Zeiten!

Danach sah es definitiv nicht aus als Stefano Pilati, ein gebürtiger Mailänder, im Oktober 2004 seine erste Saint-Laurent-Kollektion für die Sommersaison 2005 zeigte.

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Wer sollte die Tulpenröcke anziehen, die knapp taillierten Schößchenjacken über den Tupfenblusen und die hochhackigen College-Pumps mit Plateausohlen? In der Presse hagelte es Verrisse. "Es war wie bei einem neuen Auto", sagte dazu der Italiener, "zuerst sieht es merkwürdig und fremd aus, doch dann, sechs Monate später, liebt man es. Das ist eben so, wenn man seiner Zeit voraus ist." Am Ende der Saison jedenfalls blieb in den Boutiquen kaum ein Stück hängen.

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Doch schon mit seiner zweiten Kollektion für den vergangenen Winter setzte Stefano Pilati Zeichen, die verstanden und aufgegriffen wurden und bis in die Konfektion wirkten. Er lancierte den Ballonrock und hochgeknöpfte Jacken und Mäntel, die an Priestersoutanen erinnerten. Knöpfe in dichten Reihen hatten Schmuckfunktion, breite Gürtel mit noch breiteren Schließen betonten Taillen, und Stehkragen mit zarter Rüsche zwangen, den Kopf hoch zu tragen.

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Nicole Kidman und Kristin Scott Thomas taten es ebenso wie Sarah Jessica Parker in der Zeit nach "Sex And The City". "Tom Ford gelang es, die Marke Saint Laurent von ihrem couturigen, bourgeoisen Image zu befreien und sie sexy aussehen zu lassen", bemerkte Pilati dazu in einem Interview, "doch ich persönlich fand das uninteressant. Ich wollte die YSL-Frau durch Eleganz definieren."

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Diese Einstellung ist das Ergebnis seiner Herkunft und Ausbildung. Als Sohn eines Steuerinspektors wurde Stefano Pilati 1965 in Mailand geboren und, dank seiner zwei älteren Schwestern, tagtäglich mit Mode konfrontiert. "Zu Beginn der Achtzigerjahre trat Mailand in Konkurrenz zu Paris. Armani und Versace wurden Stars. Es gab Partys und interessante Leute. Mailand war cool." Mit siebzehn Jahren begann er, für Nino Cerruti zu arbeiten. Er lernte alles über Stoffe und deren Entwicklung.

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1993 bot Armani ihm an, sich stofflich um seine Männerkollektion zu kümmern. "Ich sagte zu, einfach weil es Armani war." Doch 1995 wechselte er zu Miu Miu, als Prada-Boss Patrizio Bertelli ihm ein ähnliches Angebot machte. Noch heute ist er begeistert über die Zusammenarbeit mit Miuccia Prada, in deren Designteam er wechselte. Im Jahr 2000 lernte er Tom Ford kennen, der ihn schließlich zu Yves Saint Laurent holte. "Wir waren grundverschieden, entstammten zwei unterschiedlichen Kulturen", erinnerte er sich, "wir waren wie Schwarz und Weiß."

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Als Tom Ford sich 2004 wegen Kompetenzfragen mit Serge Weinberg überwarf, dem CEO der PPR Pinault-Printemps-Redoute-Gruppe, der Eigentümerin von Gucci und Saint Laurent, trug Weinberg Pilati die Nachfolge von Ford mit den Worten an: "Wir brauchen keine großen Namen, wir brauchen Talente." Überraschenderweise fand Weinbergs Wahl auch die Zustimmung von Yves Saint Laurent, der Fords Mode nie gemocht hatte. "Mit dessen Entwürfen konnte ich mich nie identifizieren", äußerte er sich in einem Interview, "er verstand nicht die Quintessenz meines Stils.

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Dass Ford geht, ist das Beste für alle." An Pilati schätzt er, dass dieser Themen aufgreift, die Teil von Saint Laurents Persönlichkeit sind, dass er sie aber stets im Hinblick auf das Heute neu definiert.

Für diesen Sommer ließ er sich von Spanien inspirieren, der Welt des Stierkampfs, und wie sie Picasso sah. Also haben Caprihosen hochgezogene Torerotaillen, und Pompons wie an Matadorkappen schmücken die Säume weicher Ballonröcke. Blusen werden von plissierten, üppigen Falbelrüschen an Hals und Vorderfront geschmückt.

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Dazu setzen Schuhe mit dicken Plateausohlen einen Kontrapunkt. "Ich spüre das Gewicht von Verantwortlichkeit gegenüber Yves Saint Laurent, jenem Couturier, der im Gegensatz zu Chanel oder Dior noch lebt", sagte Stefano Pilati in jenem Interview, "ich kann mir vorstellen, was er fühlt, wenn ich mit seinem Namen spiele. Ich spüre direkt seine Anwesenheit - und das macht mich ganz verrückt!" (Der Standard/rondo/07/04/2006)

epa/Le Figaro/Jacques Ceccarinipa