In europäischen Modekreisen heißt Pucci in der Regel Emilio Pucci und wird vor allem mit dessen psychedelischen Mustern assoziiert. Spricht man in der New Yorker Kunst- und Designszene von Pucci, heißt es "Oh, Ralph ... ", und ein wohlwollendes Nicken folgt. Ralph Pucci ist kein Designer, sondern Geschäftsmann. Was ihn außerdem auszeichnet (und mit seinem Namensvetter Emilio verbindet), ist sein Blick für Formen und ein Gespür für kreative Talente. Eine Kombination, die ihn zu einem der einflussreichsten New Yorker in Sachen Design und Kunst werden ließ und das Nicken der Leute erklärt.

Foto: Ralph Pucci International

Mit beiden Händen im Hosensack schlendert Pucci entspannt durch eines seiner beiden riesigen Lofts in Chelsea, eine Mischung aus Galerie und Wohnzimmer. An den Wänden hängen große Fotoprints, ins rechte Licht gerückt von Boden-oder Deckenlampen. Im ganzen Raum stehen Sofas, Bänke, Tische und Stühle, einzeln oder zu Sitzecken gruppiert.

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Die Objekte stammen allesamt von Designergrößen wie Chris Lehrecke, Andrée Putman oder Jens Risome, von Ralph Pucci auch gern seine "guys" genannt, weil er nicht einfach nur deren Möbel ausstellt, sondern sich auch um all die anderen geschäftlichen Angelegenheiten kümmert. "Die meisten Designer sind Perfektionisten, sie wollen, dass ihre Möbel in der richtigen Umgebung präsentiert werden, sie wollen eine gewisse Öffentlichkeit erreichen und, dass PR und Marketing in die richtige Richtung laufen. Dafür braucht man nicht nur Talent als Designer, dafür braucht man Geschäftssinn - und es ist selten, dass jemand beides hat. Aber dafür bin ja ich da. Mein Job ist es, hinter den Kulissen die richtigen Fäden zu ziehen."

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Und das kann er ziemlich gut, wie sich auch bei seinen alle drei Monate stattfindenden Events zeigt. Da tummelt sich nämlich die Society-Crème aus den unterschiedlichsten Branchen. "Banker, Dragqueens, Künstler, CEOs, junge Modedesigner, Medienleute. Als "einen richtig bunten Haufen eben" beschreibt er seine Gäste.

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"Wer kreativ ist, hat keine Angst, sich auszudrücken", meint er weiter. Und Kreativität ist ihm wichtig, denn sie ist der Motor für sein Geschäft. Das war auch schon so, als Ralph Pucci nach dem College eher zufällig in der Werkstatt seiner Eltern aushalf. In dieser ging's nicht um Autos, sondern um Schaufensterpuppen. Das war zu der Zeit, als Calvin Klein mit amazonenhaften Gestalten oder Bruce Weber mit muskulös-heroischen Männern den gerade aufkeimenden Body-Kult im Rahmen ihrer Anzeigen in Szene setzten.

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Pucci entwarf und produzierte eine eigene Schaufensterpuppen-Kollektion, die den neuen Körperformen huldigte. "Mannequins waren damals alle elegant, statisch und ohne Ausdruck. Das gab mir die Möglichkeit, etwas Neues zu schaffen, mich von meinen Mitbewerbern zu unterscheiden." Seine Puppen wirkten, als wären sie in Bewegung, sie joggten oder machten Handstand und waren auf Anhieb ein Erfolg. Heute sind sie Kult - man sieht sie in Anzeigen und auch im New Yorker MoMA.

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Das kommt wohl auch daher, dass die berühmten Pucci-Puppen von Leuten wie Ruben Toledo, Ana Sui, Kenny Scharf oder Christy Turlington entworfen werden. "1986 hatte man bei Barneys die brillante Idee, dass ich gemeinsam mit der Designerin Andrée Putman eine Schaufensterpuppen-Kollektion für den neuen Store machen sollte." Andrée wurde aber nicht nur die erste Designerin, mit der Ralph Pucci Schaufensterpuppen entwarf, sondern auch die erste, deren Möbel er verkaufte. "Sie war gerade auf der Suche nach jemandem, der ihre Möbel repräsentiert, und ich mochte ihre Objekte - aber nicht die Weise, wie sie präsentiert wurden."

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Puccis Art war dann definitiv auch erfolgreicher, mittlerweile vertritt er 15 Designer. "Ich mag Möbel, die wie Kunstwerke sind: qualitativ hochwertig, exzellent gefertigt und zeitlos. Massenware oder funkiges Design interessieren mich nicht", nennt er die Kriterien. Und die passten auch zu Jens Risome. "Er kam vor drei Jahren zu mir, da war er 88 und wollte, dass wir gemeinsam seine gesamte Kollektion wieder auf den Markt bringen."

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Eine große Ehre - und ein gutes Geschäft. Nach dem Geheimnis seines Erfolges gefragt, übt sich Ralph Pucci in Bescheidenheit: "Nun, ich denke, es ist einfach unglaublich, wenn man mit Leuten wie Jens Risome arbeiten kann, der einer der letzten großen Modernisten ist - und gleichzeitig mit Namen wie Ruben Toledo oder Maira Kalmann. Ihre Werke sind allesamt Statements, sie alle sind Künstler, die wirklich etwas zu sagen haben. Ich denke, wenn man mit solchen Leuten arbeitet, wird man immer ganz vorn mit dabei sein."

Ralph Puccis Showroom 44 West 18th Street
Penthouse Gallery New York
Tel.: 001 / 212 / 633-0452
www.ralphpucciinternational.com
Ab Frühjahr 2006 Pacific Design Center 8687 Melrose
Street Los Angeles, Tel.: 001 / 310 / 657-0800
(Tina Preschitz/Der Standard/rondo/31/03/2006)

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