Wien - Verbindliche Patientenverfügungen, mit denen bestimmte medizinische Behandlungen für den Fall nicht mehr gegebener Selbstbestimmungsmöglichkeit ausgeschlossen werden können, ermöglicht das neue Patientenverfügungsgesetz, das am Mittwoch im Nationalrat beschlossen wurde. Die Opposition kritisierte die strengen Formvorschriften - wobei die Grünen dennoch, die SPÖ nicht zustimmte.

Die vorgeschriebene umfassende ärztliche Aufklärung, die Errichtung vor dem Notar, Rechtsanwalt oder einer Patientenvertretung, die damit verbundenen Kosten und die Notwendigkeit der Erneuerung nach fünf Jahren sind die Formvorschriften, die die SPÖ kritisiert. Experten würden befürchten, dass die Verfügung damit "eher ein Minderheitenprogramm werden könnte", führte Abg. Gisela Wurm an.

Grüne Befürchtungen

Auch die Grüne Abg. Terezija Stoistis fürchtet, dass es nur wenige Patientenverfügungen geben wird. Dies vor allem auch wegen der Kosten: Schon allein für den rechtlichen Teil (Anwalt oder Notar) müsse man mit 200 bis 300 Euro rechnen - und die Frage, wer die Kosten der nötigen ärztlichen Beratung trägt, sei noch nicht geklärt. Die Grünen stimmen dennoch zu, weil sie das Instrument der Patientenverfügung für nötig halten und nicht wollen, dass es abgeschafft wird.

Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat (V) verteidigte die Formvorschriften: Damit würde Missbrauch vermieden und der Patient vor "drängenden Erben" geschützt. Außerdem erlaube das Gesetz auch eine "beachtliche" - also für den Arzt nicht verbindliche - Patientenverfügung, die ohne Beratung aufgesetzt werden kann. Die bisherigen Verfügungen - 130.000 wurden bei der Caritas Socialis abgeschlossen - gelten künftig als solche "beachtliche" Verfügungen. Insgesamt ist Rauch-Kallat überzeugt, dass eine "klare Regelung für Patienten und Ärzte erreicht" worden sei.

Gastinger überzeugt

Auch Justizministerin Karin Gastinger (B) ist "felsenfest überzeugt, dass die Formschwellen richtig sind". Beratung durch Arzt und Anwalt oder Notar sei notwendig zum Schutz des Patienten, "damit er sich klar ist, was er ablehnt und welche Konsequenzen das hat". Hinsichtlich der Registrierung - über die der Nationalrat eine Entschließung verabschiedete - müsse man sich noch überlegen, was am zweckmäßigsten ist, eine Eintragung auf der E-Card, eine eigene Karte oder allenfalls ein Register bei den Notaren.

Fekter verteidigt

Vehement verteidigte ÖVP-Justizsprecherin Maria Fekter die Formvorschriften: "Ich möchte keinen Beitrag leisten zu einer Gesellschaft, die Alten und Kranken suggeriert, sie sollen auf Behandlung verzichten", sagte sie, "Wir sollten kein Gesetz, wo Erben und sonstige Begünstigte wie Heimleitungen über Leben und Tod entscheiden" und "mit dem Koma-Patienten entsorgt werden können, damit Erben an ihr Geld kommen". Gegen Druck, eine Verfügung zu unterschreiben, sei deshalb eine Strafbestimmung vorgesehen.

Für die freiheitliche Abg. Helene Partik-Pable geht es hier nicht so sehr um die Debatte über Wert oder Unwert menschlichen Lebens oder die Kosten einer Behandlung - sondern vielmehr darum, "dass wir nicht mitansehen wollen, was Menschen leiden", die nur mehr durch moderne Medizintechnik am Leben gehalten werden. Mit strengen Formvorschriften werde auch gewährleistet, dass für den Arzt keine Unsicherheiten bestehen.

Mehrfach wurde in der Debatte betont, dass die Patientenverfügung keinen Weg zur aktiven Sterbehilfe eröffnet. Deren Ablehnung wurde einhellig bekräftigt. (APA)