"Was den Menschen auszeichnet, ist nicht,

dass er Geschichte hat, sondern, dass er etwas von seiner Geschichte begreift." Das Zitat von Carl Friedrich von Weizsäcker stellt Reinhard Kofler seiner Zusammenstellung der Amateurfilme seines Onkels Franz Kusatz voran. Der hochrangige Nazi-Fliegeroffizier hatte sie in den Jahren vor seinem Tod, 1938 bis 1942, aufgenommen.

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Das Zeitzeugnis "Mein Onkel, der Flieger", das Mittwoch,

in der ORF-Reihe "Dokumente" um 23.15 Uhr ausgestrahlt wird, erzählt von den Kriegsschauplätzen des beginnenden Weltkriegs, vom militärischen Leben und von der Familie eines Nazi-Offiziers und von einem begeisterten Amateurfilmer.

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Vor allem aber erzählt der Film vom Blickwinkel

eines Wehrmachtsangehörigen auf den Krieg und von der Art, wie dieser ihn wahrnehmen wollte: Landschaftsaufnahmen aus dem Flugzeug, die Arbeit auf Militärstützpunkten, Weihnachten zu Hause in Wien – kaum etwas lässt die Unmenschlichkeiten erahnen, die man heute mit jener Zeit verbindet. Kusatz war als Aufklärer vielleicht nicht besonders nah an den Orten des Gräuels, trotzdem erscheinen seine Bilder heute als Dokumente des Verleugnens.

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Kofler fand die 8-mm-Filme

im Keller des Hauses seiner Mutter. Mit der Zusammenfassung der Filmtagebücher schildert er das exemplarische Schicksal eines Nichtzweiflers in der deutschen Kriegsmaschinerie. Sein Blick auf die Fundstücke bleibt gelassen, unbefangen und schließt den persönlichen Zugang nicht aus. (pum/DER STANDARD, Printausgabe, 29.3.2006)

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