Beherrscher der Energie:
Herr Rudolf, Herr Gluschitsch.

foto: derstandard.at

Begonnen hat alles eigentlich ganz harmlos. Die Presseaussendung über die iO E-Scooter erreichte mich, eh klar, auf elektronischem Wege. Mit der Bemerkung: "Das können wir wohl auslassen." Von wegen, dachte ich und klingelte sofort bei Rudolf an (der geschulte Leser erinnert sich an Rudolf und die zwei übrigen Deppen im Schnee).

Er war begeistert von der Idee, Elektroroller zu testen, und ich kümmerte mich um einen Termin zum Probefahren. Als Fotografen heuerten wir René an. Rudolf kündigte seine Tochter Laura an. Ach, und als optischen Aufputz nahmen wir Daniela mit.

Richtig wichtig

In Brunn am Gebirge bei iO E-Scooter angekommen, erwarteten uns drei in Schale geworfene Herren. In der Werkstatt stand neben den Rollern eine kleine Bar mit Tischtuch. Darauf Sekt-, Saft- und Wassergläser und die passenden Getränke dazu. So viel Mühe, für so ein bisschen STANDARD. Wahnsinn, wir sind ja richtig wichtig.

In schönstem Business-Deutsch erklärt uns Ing. Kraemmer sein Geschäft und seine E-Mopetten. Umweltfreundlich, weil keine Schadstoffe. Günstig, weil der Strom, um ein Jahr lang E-Scooter zu fahren, in etwa so viel kostet wie zwei Mal Tanken bei einem Motorrad. Fährt sich wie ein normales Moped und ist auch genau so schnell. Dazu verfügt der Roller über einen Powerknopf, falls es einmal einer Extraportion Schub bedarf.

Keine Explosionsgefahr

Der bürsten- und somit funkenlose 1500 Watt – Radnaben-Elektromotor ließe sich sogar in einer Raffinerie gefahrlos pilotieren – zumindest, was die Explosionsgefahr betrifft. Außerdem ist der IO E-Scooter so einfach zu fahren wie nur was.

Bis hierhin war ja noch alles in Ordnung – aber wie fahren sich die Dinger? Also habe ich dem Herrn Ing. Kraemmer schnell zwei Scooter abgeschwatzt. Der Herr vom STANDARD, der edle Mann aus Linz und seine Tochter holten aus den Autos das Rennleder und tauschten es gegen die gut sortierte Mode, die sie bis dahin anhatten. Sie mutierten zu den "Zwei Deppen unter Strom, Neigungsgruppe Jugendförderung".

Keine Aufregung bei Daniela und René. Sie wussten ja, was jetzt passieren würde. Allein die drei Weisen aus dem E-Motoren-Land waren ein wenig verdutzt. "Leder ist doch nicht notwendig." Ist es doch, wenn wir die Scooter testen – und das war kein leeres Versprechen.

Runde eins ging an Rudolf und mich. Wir durften starten. Anstarten fiel ja aus – man dreht den Schlüssel auf 1 und das war es auch schon. Wenn der Herr Fidler geahnt hätte, dass wir diesmal keinen Kickstarter brauchen, er hätte wieder den dritten Deppen gegeben. Wenn man dann am Quirl dreht, geht es los. Und wir drehten.

Großes Nudeln

Die Kreise wurden immer enger und Rudolf versuchte, innen an mir vorbeizukommen. Als großer Nudler unter der Sonne war es natürlich ein Leichtes für Rudolf, mich schlecht aussehen zu lassen. Aber so schnell gebe ich nicht auf. Wir matchten uns, als ginge es um viel Geld. Wir duckten uns hinter die Verkleidung, um dem Fahrtwind keine Angriffsfläche zu bieten und überlegten, den Powerknopf für unseren Test mit Klebeband zu fixieren.

Inzwischen hatten die drei Weisen ihren verwunderten Gesichtsausdruck abgelegt und stattdessen ihre Digi-Cams geholt. "Wenn wir gewusst hätten, was ihr für verrückte Kerle seid..." Laura schaute stolz auf ihren Vater, Daniela waren die Piloten egal, sie wollte auch einmal die Flüster-Rakete pilotieren. René war mit Fotografieren beschäftigt.

Wir ließen von den iO E-Scootern ab. Kurze Pause. Laura und Daniela waren an der Reihe. Daniela war furchtlos. Ohne Helm, Handschuhe, Leder und Protektoren drehte sie Runde nach Runde. Fahrlässig! Aber erklär’ einer Frau wie Daniela, was sie zu tun habe. Keine Chance!

Laura, stattliche acht Jahre alt, fuhr den iO E-Scooter ebenfalls. Eben kinderleicht zu bedienen. Dass Laura durch Rudolf motorisch vorbelastet ist, tut nichts zur Sache. Immerhin ist der Quad, den sie ihr Eigen nennt, ja nicht umfallgefährdet. Rudolf ließ es sich trotzdem nicht nehmen, hinter Laura herzulaufen und sie sicherheitshalber aufzufangen, bevor sie sich einbaute oder am Stand umfiel, weil die Beine nicht bis zum Boden reichten.

Der Ingenieur nahm es locker, wenn Laura einen geparkten Porsche anvisierte. Nur einmal bemerkte er so nebenbei: "Mir wäre lieber, sie parkt in einem Auto als in dem Anhänger. Das Auto hat eine Knautschzone."

Rudolf und ich eroberten die Geräte wieder zurück. Kurze Lagebesprechung mit einstimmiger Lösung: "Was wir brauchen ist ein Wheelie und wir müssen die Radeln aufs Knie legen – egal wie nass und rutschig der Boden ist. Die Scooter gehören ja eh nicht uns."

>>>Wheelie, die Praxis

Es war gar nicht so einfach, die durch vier Akkus milde 126 Kilogramm schweren Scooter aufs Hinterrad zu bekommen. Powerknopf, Vollgas und volle Konzentration. Wir brauchten einige Versuche, bis wir das Foto im Kasten hatten. Wir empfanden die Zeit aber als kurzweilig. Dass die Mopetten dafür nicht gebaut sind, brauche ich wohl nicht zu verraten. Die Gabel schlug jedes Mal durch, wenn das Vorderrad wieder Mutter Erde küsste. Die Roller hielten das aus.

Also aufs Knie mit den Trümmern. "Ihr werdet am Hauptständer aufsetzen!", warnte uns der Boss noch. Stimmte. Rudolf übernahm für dieses Mal freundlicherweise die ansonsten mir angedachte Rolle des Brezenbären und baute sich vor versammelter Mannschaft ein.

Ein Genuss! Weit zu fallen hatte er ja nicht mehr – er lag quasi schon am Boden, als er in Schräglage das Vorderrad hob, weil er mit allem aufsetzte, was die linke Mopedseite zu bieten hatte.

Um uns die Watschen vom Herrn Ingenieur abzuholen, traten wir den Rückweg an. Keine Watschen regnete es, nur ein "kratzsicher weil unlackiert"-Siegerlächeln.

Wir waren überrascht. Die iO E-Scooter funktionieren wirklich und sehen dabei aus wie normale Roller. Sie haben eine Reichweite von 50 bis 70 Kilometern – das heißt, ich müsste sie für den täglichen Weg in die Arbeit und retour einmal in der Woche aufladen. Der Ladevorgang dauert dabei gerade einmal 5 Stunden und bedarf nur einer normalen Steckdose.

Alles roger: Rudolf, Ing. Kraemmer, Gluschitsch.

Mindestens so verwundert wie wir waren die Mitarbeiter von iO. Den STANDARD-Test hatten sie sich wohl anders vorgestellt. Dass aber auch sie ihren Spaß mit uns hatten, schließen wir daraus, dass man uns einlud, jederzeit wieder vorbeizukommen und man uns bei Gelegenheit auch das noch ein 125ccm-Elektro-Pedants (ein noch streng geheimes Projekt! Psst!) fahren lassen würde. (Text: Guido Gluschitsch, Fotos: Renè Gluschitsch, iO E-Scooter; derStandard.at, 27.3.2006)