"Nur wer das Geistige Eigentum anderer verletzt, kann erwischt und zur Verantwortung gezogen werden - wie bei jeder Gesetzesverletzung,", sagt Franz Medwenitsch, Geschäftsführer der IFPI Austria.

Bild: IFPI
Filesharer und auch "Raubkopierer" sind auf der ganzen Welt zu finden, die Konsequenzen für ihr Handeln sind aber von Land zu Land verschieden. Zwar gibt es in der Europäischen Union eine entsprechende EU-Richtlinie, deren Auslegung und Umsetzung variiert aber von Staat zu Staat.

Zwei Jahre Haft

Wie berichtet wurde in Deutschland eine Urheberrechtsnovelle beschlossen, die wegen ihren Plänen zur Beschränkung von Privatkopien auf heftige Kritik stieß. Musik- und Filmkopierer können nun mit bis zu zwei Jahren Haft werden, gewerblich operierenden Raubkopierern drohen bis zu fünf Jahre hinter Gittern.

Keine Bagatellfälle

Vor allem aber das Fehlen einer so genannten "Bagatellfallregelung" sorgt bei Kritikern der Novelle für Unmut. Auch gelegentliche Kopierer ohne kommerzielle Absichten kann nun die volle Härte des Gesetztes treffen, es bleibt nämlich den Staatsanwälten überlassen, ob sie ein Verfahren einleiten oder nicht.

Frankreich

Einen ganz anderen Weg hat der Gesetzesgeber in Frankreich eingeschlagen. Im Vergleich zu Deutschland mit seinen "härtesten Maßnahmen Europas", wie es die Times nennt, scheinen hier die Strafen geradezu milde. Wer das erste Mal beim "Raubkopieren" für den eigenen Gebrauch erwischt wird, muss mit einer Buße von 38 Euro rechen.

Auf jeder Art von Gerät

Mit seinem neuen Gesetz sorgt Frankreich aber auch in einem anderen Bereich für Aufregung. Das neue Urheberrechtsgesetz will nämlich gewährleisten, dass online gekaufte Musik von ihren Käufern jederzeit auf jeder Art von Gerät abgespielt werden kann. Bisher werden allerdings auf dem Markt unterschiedliche kopiergeschützte Dateiformate verwendet. Musik aus dem Apple iTunes Music Store kann etwa nur mit der dazugehörigen Software oder auf Apples MP3-Player iPod wiedergegeben werden, vor Musiktitel von Microsofts MSN-Musikangebot kapituliert der iPod, diese kann nur auf MP3-Player mit dem entsprechenden Windows-Format gespielt werden.

In andere Formate umwandeln

Das neue Gesetz soll es Konsumenten ermöglichen, kopiergeschützte Musik auf jedem Gerät und mit jeder Software abspielen zu können. Daher wurde in Frankreich die Aushebelung des Kopierschutzes legalisiert, Dateien dürfen legal in andere Formate verwandelt werden, womit der Schutz geknackt wird.

Wie zu erwarten reagierte Apple wenig erfreut auf das Gesetz und sprach von "staatlich geförderter Pirateriekultur".

Verband der Österreichischen Musikwirtschaft

Wie aber steht die österreichische Musikwirtschaft zu diesen unterschiedlichen Entwicklungen? Der WebStandard hat bei Franz Medwenitsch, Geschäftsführer des Verbandes der Österreichischen Musikwirtschaft IFPI Austria, nachgefragt.

WebStandard: Begrüßen Sie die in Deutschland erfolgte Abschaffung der "Bagatellfallregelung" für gelegentliche Kopierer ohne kommerzielle Absichten?

Franz Medwenitsch: Die "Bagatellregelung" musste nicht abgeschafft werden, weil sie gar nicht eingeführt wurde. Sie wurde diskutiert, und alle Content-Branchen sind dagegen aus gutem Grund Sturm gelaufen. Zu sagen, Geistiges Eigentum ist geschützt, aber ein biss´l stehlen soll schon erlaubt sein - das ist ein Unsinn, der auch rechtzeitig erkannt wurde.

WebStandard: Kommt es dadurch nicht zu einer Kriminalisierung der User?

Franz Medwenitsch: Schutzwürdig ist doch der, der bestohlen wird, und nicht der, der stiehlt. Niemand, der kreative Leistungen respektiert, läuft Gefahr kriminalisiert zu werden. Nur wer das Geistige Eigentum anderer verletzt, kann erwischt und zur Verantwortung gezogen werden - wie bei jeder Gesetzesverletzung.

WebStandard: In Österreich ist das Erstellung einer Kopie "zum privaten Gebrauch" zulässig, allerdings nicht, wenn dabei ein Kopierschutz umgangen werden muss. Dadurch besitzt die Musikindustrie die Möglichkeit, bei jeder einzelnen CD den Usern eine Kopie zu erlauben oder zu verweigern. Ist das Ende der Privatkopie also nahe, widerspricht das nicht der Intention des Gesetzgebers?

Franz Medwenitsch: Zunächst muss an eine Selbstverständlichkeit erinnert werden: Das Kopierrecht hat der Urheber, und es ist eines seiner wesentlichen Verwertungsrechte. Die sog. Privatkopie ist eine Ausnahme davon, begründet aber kein Recht. Im Jahr 2003 wurde das Urheberrecht den Anforderungen der Informationsgesellschaft angepasst. Dabei wurde die Privatkopie eingeschränkt und die Möglichkeit geschaffen, technischen Schutz - wie etwa Kopierschutz - einzusetzen. Auch die Rechteinhaber sollten zu ihrem Schutz vom technologischen Fortschritt profitieren können - das war die Intention des Gesetzgebers.

WebStandard: Wie beurteilen Sie das neue Urheberrechtsgesetz in Frankreich, das gewährleisten will, dass online gekaufte Musik von ihren Käufern jederzeit auf jeder Art von Gerät abgespielt werden kann?

Franz Medwenitsch: Die so genannte Interoperabilität zwischen digitalen Musikangeboten und Abspielgeräten ist eine wesentliche Forderung der Musikwirtschaft. Erst dadurch werden online- und mobile Musikangebote für den Konsumenten wirklich attraktiv. Mit gesetzlichen Vorgaben kann aber auch der technische Fortschritt behindert werden.

WebStandard: Teilen sie die Einschätzung von Apple, dass dieses Gesetz zu einer "staatlich geförderten Piraterie" führen könnte?

Franz Medwenitsch: Wäre in Frankreich nicht die gesetzliche Lizenz zum Raubkopieren gegen eine Monatspauschale endgültig vom Tisch, würde ich die Einschätzung von Apple voll teilen.

WebStandard: Im Gegensatz zu Deutschland sieht Frankreich eine Bagatell-Buße von 38 Euro vor, wird ein Täter erstmals dabei erwischt, wie er für den eigenen Bedarf "raubkopiert". Ist diese Strafe zu niedrig?

Franz Medwenitsch: Bußgelder und Strafen haben ja den Zweck, abschreckend zu wirken - 38 Euro haben für mich eher den Charakter einer Einladung, es zu riskieren.(Klaus Kraigher)