"Ich möchte das Haus 'Kronenzeitung' nicht als Entlassener verlassen", stellte Michael Kuhn am Freitag im Wiener Arbeitsgericht klar, nachdem er vor wenigen Wochen als geschäftsführender Chefredakteur von "Krone"-Hälfteeigentümer und Hauptgeschäftsführer Hans Dichand fristlos entlassen worden war. Da seiner Ansicht nach Dichand dazu nicht befugt war, reichte Kuhn dagegen Klage ein. Während Kuhn zur Verhandlung erschien, blieben sowohl Hans Dichand als auch sein Sohn Christoph dieser fern.

"Hans Dichand fühlt sich leider nicht gut. Er ist auf Kur", entschuldigte ihn sein Anwalt Hubert Simon. "Krone"-Chefredakteur Christoph Dichand machte einen schon seit längerem gebuchten Urlaub geltend. Im Hinblick darauf ersuchte Kuhns Rechtsvertreter Alfred Noll, vorerst auch von der Einvernahme seines Mandanten Abstand zu nehmen.

"Die Entlassung muss weg!"

Noll machte Kuhns Standpunkt unmissverständlich klar: "Die Entlassung muss weg! Das ist eine Form der Ungeheuerlichkeit! Dieser kriegerische Akt muss aus der Welt geschafft werden! Nach diesen vielen Jahren der Zusammenarbeit muss sich Kuhn nicht gefallen lassen, dass er wie der letzte Dreck heraus gekehrt wird!" Grundsätzlich sei Kuhn allerdings bereit, das Dienstverhältnis einvernehmlich zu beenden, falls in einem ersten Schritt klipp und klar fest gestellt werde, dass für eine fristlose Entlassung kein Grund vorlag, sagte sein Rechtsbeistand.

Kuhn war nach einer Vereinbarung zwischen der deutschen WAZ, der die andere Hälfte an Österreichs größter Tageszeitung gehört, und Hans Dichand vom 24. Jänner 2003 als geschäftsführender Chefredakteur installiert worden, weil die WAZ mit Dichand Junior als alleinigem Chefredakteur nicht einverstanden war. Für die WAZ stand fest, dass Kuhn die Feder führende Rolle spielte, wie deren Geschäftsführer Bodo Hombach nun im Zeugenstand darlegte: "Uns war klar, dass Kuhn mit seiner Berufserfahrung und seiner Kenntnis ohnehin den dominierenden Part hatte. Wir haben uns darauf verlassen, dass das Leben das ordnet. Und ich glaube auch, dass das dann die Realität war, dass Herr Kuhn das Tagesgeschäft wesentlich mitgestaltet hat."

Abberufung wäre nicht Dichand, sondern der WAZ zugestanden

Kuhns Bestellung und somit auch seine allfällige Abberufung bzw. Entlassung wären nicht Dichand, sondern der WAZ zugestanden, betonte Hombach: "Text und Geist des Vertrags war, dass wir Herrn Kuhn in diese Funktion berufen haben und folglich auch die Einzigen wären, die ihn abberufen könnten." Nach der mit Dichand getroffenen Vereinbarung habe dieser als "Krone"-Hauptgeschäftsführer "keine Personalhoheit mehr, und schon gar nicht über Herrn Kuhn".

Hombach stellte dem Kläger ein gutes Zeugnis als "Krone"-Chefredakteur aus: Mit Kuhn habe in Personalfragen eine "deutlich stärkere Fachlichkeit" Einzug gehalten. Der WAZ-Mann hob auch seine "integrative Fähigkeiten" hervor: "Wir haben ihm ja keinen Rosengarten avisiert. Wir haben ihm eine schwierige Tätigkeit angeboten."

"Machtaufgabe"

Der Wiener Anwalt Karl Hochhaltinger, der für Hans Dichand mit der WAZ die Vereinbarung vom 24. Jänner 2003 mit ausverhandelt hatte, gab als Zeuge an, Dichand habe "zur Befriedung der WAZ" seine Personalhoheit abgegeben. Hochhaltinger sprach von einer "Machtaufgabe". "Zweck war, dass Ruhe einkehrt und sich die beiden Parteien wieder in die Augen sehen können", erläuterte der Anwalt.

Seiner Auffassung nach wäre demnach der WAZ nur "das Nominationsrecht" für den geschäftsführenden Chefredakteur zugekommen, während "die dienstrechtliche Umsetzung" in die Kompetenz der Geschäftsführung gefallen sei. (APA)