Wien - "Am Anfang ist das Wegsperren der Obdachlosen im Vordergrund gestanden. Dann hat sich das geändert. Wir sind Betreuer geworden. Ab diesem Zeitpunkt ist der Kontakt zu den Bewohnern näher geworden", plauderte ein 44-jähriger Gemeindebediensteter am Donnerstag im Straflandesgericht. Neun Jahre lang war er in einem Wiener Obdachlosenheim tätig. Dann funktionierte er dieses in einen Drogenumschlagplatz um.

Knapp 17 Kilogramm Cannabiskraut und drei Kilogramm Cannabisharz hatte er unters Volk gebracht, ehe er im vergangenen November an seinem Arbeitsplatz festgenommen wurde. Seine Hauptabnehmer waren zwei seiner Schützlinge, die im Heim einen Schlafplatz gefunden hatten. Die beiden Unterstandlosen versorgten die Szene in einschlägigen Lokalen, an bekannten Plätzen.

Cannabislager unter dem Bett

Bei einem oft 24-stündigen Arbeitstag habe er hin und wieder einen Joint geraucht, erklärte der Gemeindebedienstete dem Schöffensenat (Vorsitz: Walter Stockhammer). Es sei mit der Zeit immer mehr geworden: "Als das dritte Kind gekommen ist, ist sich die Finanzierung der Sucht nicht mehr ausgegangen." Das Cannabis "bunkerte" er im Schlafzimmer unter seinem Ehebett. Seine Frau hatte von den Nebengeschäften des 44-Jährigen keine Ahnung.

Das Gericht verhängte über den Mann nach dem Suchtmittelgesetz zwei Jahre unbedingte Haft. Seine beiden Hauptabnehmer erhielten je 15 Monate unbedingt. Drei weitere Bewohner des Obdachlosenheims, die hie und da auch mit "Gras" gehandelt hatten, kamen mit bedingten Freiheitsstrafen davon. Sämtliche Urteile sind rechtskräftig. (APA)