Bregenz - In Vorarlberg entscheidet in der Frage der
Abtreibung eines behinderten Kindes im Unterschied zu vielen anderen
Bundesländern seit rund einem Jahr eine ethische Plattform mit. Fällt
das Votum der Plattform gegen einen Abbruch aus, kann die betroffene
Frau die Abtreibung in keinem der Vorarlberger Krankenhäuser
durchführen lassen. Als Möglichkeit bleibe der Gang in ein anderes
Bundesland oder ins Ausland offen, berichtete am Mittwoch ORF Radio
Vorarlberg.
Abbruch bis zur 23. Woche
Nach Angaben des Wiener Gynäkologen und Geburtshelfers Wolfgang
Grin gegenüber dem Rundfunk kann eine mit einem behinderten Kind
schwangere Frau grundsätzlich bis zur 23. Woche selbst über eine
Abtreibung entscheiden. "Dieses Recht hat sie, und es steht ihr frei.
Die rechtliche Lage in Österreich sichert diese Freiheit", sagte
Grin.
In Vorarlberg muss dem ORF-Bericht zufolge eine medizinische
Indikation nachgewiesen werden. Anschließend berate der so genannte
Arbeitskreis für Schwangerschaftsethik den Fall. Dieser Arbeitskreis
besteht aus 24 ExpertInnen, von denen mindestens fünf die einstimmige
Entscheidung für oder gegen den Schwangerschaftsabbruch treffen. Da
in dem Gremium die Gynäkologie-PrimarärztInnen aller Vorarlberger
Krankenhäuser vertreten sind, werde die Abtreibung bei einem
dementsprechenden Votum in Vorarlberg nicht durchgeführt. Es könne
kein Arzt zu einem solchen Eingriff gezwungen werden, sagte Primar
Peter Schwärzler vom LKH Feldkirch.
Entmündigung
Grin sieht in der Vorarlberger Vorgangsweise eine Entmündigung der
Frau. "Für mich persönlich scheint das so, dass man der Frau eine
sehr wichtige Entscheidung in ihrem Leben aus der Hand nehmen und
individuell nach fremden Gesichtspunkten entscheiden möchte", so
Grin. Schwärzler seinerseits glaubt an eine "große Hilfestellung. Die
Erfahrung zeigt, dass die Frauen in dieser Situation auf ein
beratendes Gremium sehr gerne zurückgreifen", sagte der Primararzt.
Die Argumente des Gremiums seien für die Schwangerschaftskonfliktberatung sehr wertvoll.
(APA)