Wien - Beschäftigungszuwachs trotz steigender Arbeitslosigkeit. Wie geht denn das? Diesem "Jobwunder" ist das Wifo im Auftrag der Arbeiterkammer Österreich nachgegangen und hat das Geheimnis gelüftet: Vollzeitarbeitsplätze werden zunehmend durch Teilzeitarbeitsplätze (12 bis 35 Stunden pro Woche) ersetzt.

In den vergangenen fünf Jahren ist die Zahl der aktiv Beschäftigten zwar um 55.800 gestiegen, allerdings sind 85.000 Vollzeitarbeitsplätze verloren gegangen, die durch 140.000 Teilzeitarbeitsplätze ersetzt wurden. "Wird nur nach Köpfen gezählt und die Arbeitszeit außer Acht gelassen, dann gibt es zwar einen Rückgang der Vollzeitarbeitsplätze, aber insgesamt einen Beschäftigungszuwachs", sagt der Wifo-Studienautor Ewald Walterskirchen Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Wien.

Anstieg liegt über EU-Durchschnitt

"Dieser Trend wird sich fortsetzen", prognostiziert der Studienautor. Die Folge davon: "Die Chancen für jemanden, der früher einen 40-Stunden-Job gehabt hat, wieder einen solchen zu finden, wird immer kleiner." Es sei zwar kein typisch österreichischer Trend, doch "der rasante Anstieg der Teilzeitarbeitsplätze in Österreich liegt über dem EU-Schnitt", so Walterskirchen.

Die Teilzeitarbeitsplatz-Quote ist EU-weit von 17,7 Prozent (2000) auf 19,4 Prozent (2004) gestiegen, wobei bei den EU-Zahlen auch Selbstständige dazugezählt werden. In Österreich lag die Quote 2000 (ohne Selbstständige) bei 16,3 Prozent und ist 2004 auf 20,2 Prozent gestiegen. "Der Anreiz für die Wirtschaft ist sehr groß, denn durch die Verlagerung auf Teilzeitarbeitsplätze erhöhen sich Auslastungsgrad und Gewinne, Arbeitspausen reduzieren sich", so Arbeiterkammer-Präsident Herbert Tumpel.

Weibliche Teilzeit

Teilzeitbeschäftigung ist nach wie vor überproportional weiblich. So ist bei den Frauen die Zahl der Teilzeitarbeitsplätze seit 2005 um 31 bis 37 Prozent gestiegen. "Viele Frauen wählen Teilzeit nicht nur aus dem Grund, um Beruf und Familie besser vereinbaren zu können, sondern auch darum, weil es eben zu wenig Vollzeitarbeitsplätze gibt", betont Tumpel. Teilzeit habe natürlich auch positive Effekte für Frauen mit Kindern oder Studenten, es helfe aber den Arbeitslosen, die einen Vollzeitbeschäftigung suchen nicht.

Zwar werde heuer ein höheres Wirtschaftswachstum prognostiziert, doch die AK warnt davor, den Aufschwung als selbsttragend zu sehen. Die Lage am Arbeitsmarkt werde weiterhin angespannt bleiben. Tumpel fordert rasche wirtschaftspolitische Maßnahmen zur Ankurbelung von Konsum und Investitionen sowie eine aktive Arbeitsmarktpolitik über ein Wahljahr hinaus. Für die 2007 auslaufenden arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen müsse eine Folgefinanzierung gesichert werden. Weiters warnt er vor den Auswirkungen der EU-Dienstleistungsrichtlinie, in der er ein "echtes Bedrohungspotenzial" sieht, da eine eindeutige Regelung für Nicht-EU-Arbeitskräfte fehle. (APA)