Manfred Tscheligi

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STANDARD: Sie erforschen, wie Menschen mit Technik umgehen. Was fällt Ihnen dabei auf? Tscheligi: Menschen wollen mit Maschinen genauso kommunizieren wie mit anderen Menschen. Sie nutzen dieselben oder ähnliche Regeln, die sie einsetzen, um sich gegenseitig zu verständigen.

STANDARD: Man behandelt Maschinen wie Menschen?
Tscheligi: Richtig. Menschen brauchen eine Antwort, ein Feedback. Wer in der Warteschleife einer Hotline hängt, ohne Information, wie viel Zeit er mit Musik verbringen muss, reagiert genervt. Nicht aber, wenn die Ansage genau darstellt, wie lange jemand warten muss. Feedback muss nicht in Form von Sprache stattfinden. Wer eine Reise bucht, möchte nicht untätig vor dem Rechner sitzen, bis dieser eine neue Seite lädt.

STANDARD: Eine Art Zeitvertreib für den Anwender?
Tscheligi: Ja. Man möchte wissen, dass die Suchmaschine gerade nach möglichen Flügen sucht oder die verfügbaren Plätze checkt. Es geht nicht nur um das Ergebnis, sondern auch um die Erfahrung, die der Nutzer macht. Man nennt das User-Experience. Der Urlaubssuchende möchte rational verstehen, was "seine Maschine" gerade macht. Am Bahnhof möchte man auch wissen, warum der Zug Verspätung hat. Das ist der zweite Anspruch des Nutzers: Transparenz.

STANDARD: Transparenz geht im Netz verloren. Wer weiß, woher Google Infos nimmt. Tscheligi: Das gilt vielleicht für den Wissensbereich. Wenn es um Kunden und Geld geht, wird sich Transparenz bezahlt machen. Wenn ein Mensch versteht, was passiert, steigt seine Akzeptanz - er wird ein Produkt bevorzugt kaufen oder längere Wartezeiten tolerieren. In dieser Hinsicht sind alle Menschen gleich - ob sie nun auf einen Zug warten oder auf die Ladezeiten ihrer Website. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.3.2006)