Bruno Julliard

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Bruno Julliard hat nichts von einem Randalierer, aber den französischen Behörden bringt er allemal das Fürchten bei. Der umgängliche Studentenführer mit dem gepflegten Haarschnitt wirft keine Steine, doch laut Le Monde ist er selbst "der Kiesel im Schuh der Regierung". In den letzten Wochen hat sich Julliard wie selbstverständlich als Anführer der Proteste gegen den Erstanstellungsvertrag von Premierminister Dominique de Villepin etabliert. Er erkannte als einer der ersten die soziale Sprengkraft des "Contrat Première Embauche" (CPE), der es Firmen ab April ermöglichen wird, junge Berufseinsteiger in den ersten zwei "Probejahren" ohne Angabe von Gründen auf die Straße zu setzen.

Als Präsident des größten, gemäßigt linken Studentenverbandes Unef-ID (30.000 Mitglieder) mobilisierte Julliard schon vor Wochen gegen den CPE, als die Regierung diesen im Schnellverfahren durch das Parlament peitschte. Der Unef-Anführer setzte in den Medien das Schlagwort von der "précarité" durch - das ein zunehmendes Gefühl der Unsicherheit in der französischen Gesellschaft zum Ausdruck bringt. Damit rückten Julliard und die Unef in den Mittelpunkt der Protestbewegung, obwohl sie intern harte Konkurrenz haben: Vor den Betriebswahlen im April suchen sich die Gewerkschaften mehr denn je in Szene zu setzen, und die Linksparteien wollen sich diese "Gelegenheit" des CPE vor den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in einem Jahr ebenfalls nicht entgehen lassen.

Julliard selbst ging auf Distanz zu den Sozialisten, nachdem die Unef bisher im Ruch stand, ein Sprachrohr der Parti Socialiste (PS) zu sein.

Der 25-jährige Jus-Student gab zu diesem Zweck sogar sein PS-Parteibuch zurück. Zur Mitgliedschaft gekommen war er fast automatisch: Seine Mutter, Bürgermeisterin von Puy-en-Velay im Zentralmassiv, ist eine überzeugte Sozialistin und Feministin; Julliards Stiefvater ist Kommunist wie sein Großvater, der während des Krieges in der Résistance erschossen wurde.

Selbst aktiv wurde Julliard 1998 bei Schülerprotesten gegen ein Projekt des sozialistischen Bildungsministers Claude Allègre. Ein Jahr später trat er an der Uni Lyon II in die Unef ein, 2002 wurde er Regionalpräsident des Verbandes.

Nebenher bereitet er sein Doktorat in öffentlichem Recht vor. Seine Professoren prophezeien ihm eine brillante Zukunft im Staatsdienst, in den es Julliard zieht. Dort wird er lebenslangen Kündigungsschutz genießen - nicht wie jene Schul- und Uni-Abgänger, die zuerst einmal mit einem "prekären" CPE vorlieb nehmen müssen. Aber Julliard kämpft nicht für sich, sondern "für die Jugend, für die der CPE eine Beleidigung darstellt". Und nachgeben wird er nicht - den Widerstand haben die Julliards im Blut. (DER STANDARD, Printausgabe, 22.03.2006)