Wien - Der Hauptausschuss hat Dienstag abend mit den Stimmen der Regierungsfraktionen die Verlängerung der Amtsperiode des österreichischen EuGH-Richters Peter Jann (71) beschlossen. Den 17 Stimmen von ÖVP und BZÖ standen 15 Nein-Voten von SPÖ und Grünen gegenüber. ÖVP-Klubobmann Wilhelm Molterer zeigte sich in einer Aussendung erfreut, dass "alle Fraktionen die fachliche Qualifikation Janns bestätigt" hätten.

Die Grüne Außenpolitische Sprecherin Ulrike Lunacek kritisierte, dass bei gleicher Qualifikation nicht einer Frau - im konkreten Fall der EuGH-Generalanwälting Christine Stix-Hackl - der Vorzug gegeben worden sei. Außerdem habe Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) zugegeben, bereits seit Monaten die Wiederbestellung Janns geplant zu haben. Gespräche mit der Opposition habe er aber keine gesucht.

Molterer jubelte über die "unbestrittene Kompetenz" von Jann. Er bedauerte, dass die Entscheidung "nicht mit der üblichen Einstimmigkeit erfolgte".

Am Nachmittag hatte es kurz ausgesehen, als könnte die Koalitionsmehrheit für die Verlängerung Janns wackeln. Der FP-Abgeordnete Reinhard Eugen Bösch - ebenfalls Mitglied des orange-blauen Parlamentsklubs - hatte nämlich angekündigt, gegen die neuerliche Nominierung des Richters zu stimmen. Allerdings wurde Bösch vor der Abstimmung vom Abgeordneten des freiheitlichen Klubs Detlev Neudeck ersetzt und dieser votierte wie die beiden anderen seiner Fraktionskollegen für Jann.

Peter Jann vom Hauptausschuss verlängert 2 Schüssel: Kontinuität nur mit Wiedernominierung bestehender Mitglieder sichergestellt Wien/APA

Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) wies darauf hin, dass Peter Jann Präsident der Ersten Kammer und damit de facto Vizepräsident des EuGH sei. Als solcher habe er einen weit über die Größe Österreichs hinausgehenden Einfluss. Zudem sei ihm, Schüssel, mehrfach auf informellem Weg signalisiert worden, dass der EuGH eine neuerliche Nominierung Janns begrüßen würde. Schüssel gab in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass durch die EU-Erweiterung Richter aus Ländern mit einer ganz anderen Rechtskultur und Judikatur am EuGH tätig seien und eine Kontinuität nur mit der Wiedernominierung bestehender Mitglieder sichergestellt werden könne. Die neuerliche Nominierung Janns bedeute nicht, dass es nicht auch andere qualifizierte Personen für dieses Amt geben würde, bekräftigte Schüssel und äußerte großes Lob für die Arbeit Stix-Hackls.

Das Mandat Janns wäre am 6. Oktober 2006 ausgelaufen, nunmehr wird er für weitere sechs Jahre als österreichischer Vertreter am EuGH fungieren.

Heftige Proteste gegen die Entscheidung kamen seitens der Opposition. SPÖ und Grüne sprachen sich dafür aus, anstelle von Jann die derzeitige österreichische Generalanwältin am EuGH Christine Stix-Hackl als Richterin zu nominieren und begründeten dies in erster Linie mit dem Alter Janns. Sie wolle die Qualifikation Janns nicht in Zweifel ziehen, bekräftigte etwa Abgeordnete Terezija Stoisits (G), frage sich aber, warum das Mandat eines 71-jährigen Richters verlängert werde, eine gleich qualifizierte junge Frau, deren Mandat ebenfalls auslaufe, jedoch keine Chance bekomme. Stoisits verwies überdies auf in der österreichischen Rechtsordnung verankerte Altersgrenzen für bestimmte Ämter, etwa für VfGH-Richter, und sprach von einem "gezielten Austricksen" einer qualifizierten Frau und einer Brüskierung des Nationalrats.

Ähnlich argumentierte die SPÖ, die der neuerlichen Nominierung Janns ursprünglich zugestimmt hatte, wie Nationalratspräsident Andreas Khol (V) erklärte. Den Meinungsumschwung der SPÖ begründete Zweite Nationalratspräsidentin Barbara Prammer damit, dass ihrer Fraktion bei der Erstentscheidung ein ganzes Bündel an Informationen nicht zugänglich gewesen sei. Sie hätte zum Beispiel nicht gewusst, dass es mit Stix-Hackl eine zweite Kandidatin für das Amt gebe. Ein von ihr eingebrachter Antrag auf Vertagung der Beratungen fand keine Mehrheit.

Die Koalitionsparteien begründeten die neuerliche Nominierung Janns damit, dass es einen ausdrücklichen Wunsch des EuGH nach Kontinuität gebe. So machte Abgeordneter Michael Spindelegger darauf aufmerksam, dass durch die EU-Erweiterung ohnedies zehn neue Richter am EuGH tätig seien. Würden jene 13 Richter aus den alten EU-Mitgliedstaaten, deren Mandate im Oktober auslaufen, ebenfalls ausgetauscht, wären 23 von 25 Richter neu im Amt.

ÖVP-Klubobmann Wilhelm Molterer gab zu bedenken, dass auch die Opposition die fachliche Qualifikation Janns nicht anzweifle und verwahrte sich ausdrücklich dagegen, die Entscheidung für Jann als Entscheidung gegen Stix-Hackl zu interpretieren. Seiner Meinung nach ist die Vorgangsweise bei der Nominierung Janns zudem "präzise und transparent" gewesen.

Markus Fauland (F) konstatierte, gerade die Wortmeldung von Abgeordneter Stoisits habe verdeutlicht, zu welchen Leistungen Menschen in hohem Alter fähig seien. (APA)