In Polen steigt die Zahl der Telefon-Überwachungsanlagen rapide. Das berichtete die Tageszeitung "Gazeta Wyborcza" am Freitag. Schuld daran seien vor allem Gerichte, die fast automatisch Bewilligungen zum Abhören erteilen würden. Offizielle Daten über die Zahl der abgehörten Telefonleitungen gibt es nicht. Die Zeitung schätzte den Umfang jedoch mit Hilfe von Mitarbeitern von Mobilfunkbetreibern, die für die Kontakte mit der Polizei und den Geheimdiensten verantwortlich sind.

Sieben auf einen Streich

Zum Abhören von Telefonen sind in Polen sieben verschiedene Institutionen berechtigt: die Polizei, die Agentur der Inneren Sicherheit (ABW), der Nachrichtendienst (AW), der Militärische Nachrichtendienst (WSI), das Regierungsschutzbüro (BOR), der Grenzschutz (SG) und Steuerfahndungsstellen. Bald soll das geplante Zentrale Antikorruptionsbüro hinzukommen. Bis 2001 entschied der Innenminister über einzelne Abhörfälle.

Starke Zunahme

Seit fünf Jahren, seit darüber Bezirkgerichte entscheiden, steigt die Zahl der abgehörten Telefonate stark. Ende der 90er Jahre wurden pro Jahr rund 1.500 Telefonleitungen abgehört. Im vergangenen Jahr wurden rund 20.000 Wanzen angebracht. In diesem Jahr stieg die Zahl im Vergleich zum gleichen Zeitraum im Vorjahr um bis zu 50 Prozent. Jeder Mobilfunk-Provider beschäftigt 30 bis 40 Mitarbeiter, die sich nur mit den Aufträgen der Polizei und der Geheimdienste befassen.

Polizei als größter Auftraggeber

Das Ausmaß der telefonischen Überwachung hängt nach Angaben der Zeitung nicht davon ab, welche Partei an der Regierung ist. 80 Prozent der Aufträge stammten von der Polizei. Immer mehr Politiker, darunter der ehemalige Innerminister Ryszard Kalisz vom Bündnis der Demokratischen Linken (SLD) und Marek Biernacki von der Bürgerplattform (PO), warnen, dass das Prozedere zu einer Verletzung von Menschenrechten führen könnte.(APA)