Montage: DER STANDARD
Peter M. Koch fragt, ob man in der "Zauberflöten"-Tinte tatsächlich Arsen gefunden habe und wie dieses da hineingekommen sei?



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Die zweite Frage ist leicht zu beantworten: Indem es jemand hineingetan hat. Unklar ist allerdings, wer dieser "jemand" gewesen sein soll. Natürlich, für Leute, die gerne im Kaffeesatz lesen, liegt es auf der Hand, dass Mozart von den Freimaurern vergiftet wurde. Warum? Arsen hat als Element die Ordnungszahl 33, die 3 ist die Schlüsselzahl der Freimaurer, also müssen es die Freimaurer gewesen sein.

Diese Verschwörungstheorie geht davon aus, dass Mozart sterben musste, weil er in der "Zauberflöte" das Ritual der Freimaurer verraten habe. Vergessen wird bei dieser Räubergeschichte zweierlei: Erstens stammt das Libretto der "Zauberflöte" von Emanuel Schikaneder - Schikaneder starb 1812 eines natürlichen Todes - und zweitens wurde das Periodensystem der chemischen Elemente erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts entwickelt. Aber ich gebe zu, dass diese Hypothese fast genauso unterhaltsam ist wie jene, nach der Mozart an den Folgen eines Sturzes von seinem Pferd gestorben sei und man die schwere Kopfverletzung sogar am berühmt-berüchtigten "Mozartschädel" erkennen könne. Das einzige Problem bei dieser Theorie: Da Mozart sein Pferd nach eigenen Angaben Anfang Oktober 1791 verkaufte, hätte er das Requiem mit einem offenen Schädelbruch komponieren müssen. Womit zumindest die Schlusssequenz des Films Amadeus II - The Return geklärt wäre. Arsen, Quecksilber, Schwindsucht, Syphilis, Nierenversagen, rheumatisches Fieber, Gehirnblutung, Typhus, Trichinose infolge des Verzehrs halb roher Schweinskoteletts - Mozart muss viele Tode gestorben sein.

Die einzige Theorie, die ich bisher vermisse, ist jene, dass Mozart das erste Opfer der Vogelgrippe gewesen sein könnte. Nicht nur dass sein Kanarienvogel bis zuletzt an seinem Sterbebett saß, hätte sich Mozart auch bei einer der Proben zur Uraufführung der "Zauberflöte" beim Vogelfänger Papageno anstecken können. Womit sich der Kreis vom Mozartjahr zum Vogelgrippejahr wieder schließen würde. Das tröstende Schlusswort überlassen wir heute dem ersten Mozart-Biografen, F. X. Niemetschek: "Er starb zwar gelassen, aber doch sehr ungern." (DER STANDARD, Printausgabe vom 18./19.3.2006)