Von überall etwas in die Mischung: Lawrence Weiners Wandarbeit zur Schau "X, Y & Z" in der Bawag-Foundation.

Foto: Wolfgang Wössner/Bawag Foundation, VBK, Wien, 2006
Der 1942 geborene New Yorker Künstler Lawrence Weiner zeigt in der Bawag-Foundation zwei neue Werke aus seiner in den 60ern entwickelten Praxis des raumgreifenden Gebrauchs von Sprache.


Wien - X (Die), Y (Der) & Z (Das) widersprechen einander nicht. Sie berühren sich, ihre Umfelder nehmen Kontakt auf. Bei Lawrence Weiner ist immer ein "und" zu finden, sei es als "&" oder "+", nie verweist er ausschließlich auf etwas "from the above", oder etwas "from the beneath". Er deutet nach beidem - und nimmt alles "from the between" auch gleich mit. Das Tor, das "&", in dem alles zusammenläuft, mag eng sein, und dennoch bezeichnet es jenen Ort, an dem sich alles mischt, an dem Hierarchie keine Rolle spielt, und dennoch Ordnung herrscht. Ordnung, wie er sie mag, Ordnung im Jenseits von autoritärer Reinheit, Ordnung die lebt, eine Mischform. Und: "Mit dem Auftauchen von Leim ist die Absplitterung aus dem alten Block nicht akzeptabel."

Lawrence Weiner kommuniziert im Versuch, Zeichen und Bezeichnetes möglichst eins werden zu lassen. Letztlich ist das Werk das, was es eben ist. Mehr kann und will es nicht sein, Repräsentation oder Transzendenz wird strikt vermieden. Handschrift sowieso. Wir erinnern uns kurz an das Jahr 1968, das Jahr, in dem Lawrence Weiner sein "Statement of Intent" auf eine ohnehin schon aufgewühlte Öffentlichkeit losgelassen hat: "1. Der Künstler kann das Werk bauen. 2. Das Werk kann angefertigt werden. 3. Das Werk muss nicht gebaut werden. Jede Möglichkeit ist gleichwertig und jede entspricht der Absicht des Künstlers. Die Entscheidung über den Zustand liegt bei dem Empfänger im Moment der Übernahme."

Nichts also mit Handschrift, und nichts auch mit echtem Künstlerschweiß.

Es gibt einen anwachsenden Katalog an Werken - an präzis beschriebenen Ideen - und wer will, kann die erwerben und ausführen lassen. Lawrence Weiners Arbeiten kommen als Poster vor, oder als Buch, an der Wand, im öffentlichen Raum. Sie können auf eine Fläche gemalt oder geklebt werden - je nachdem. Für Typografie, Farbe, Größe, Proportion und Platzierung gibt es exakte Vorgaben. Lawrence Weiners Arbeiten können per Fax den Ort wechseln.

Ohne Grenzen

Und: Lawrence Weiners Arbeiten sind Skulpturen, sie sind raumgreifend und raumsprengend. Lawrence Weiner, er wurde 1942 in New York geboren, Grenzen mag er nicht. Und sollte selbst die Welt sprachlich begrenzt sein (genau: hier kommt Wittgenstein ins Spiel), so ist auch das nicht zu tolerieren.

In der Selbstbeschreibung des Künstler hört sich das dann so an: "Ich bin kein Logischer Positivist. Ich bin ein echter amerikanischer Sozialist." Korrekterweise hätte das Zitat in Versalien ausgesetzt werden sollen, und ohne Satzzeichen. Natürlich lässt sich in Lawrence Weiners Arbeiten ungemein viel hineininterpretieren, natürlich evozieren sie sofort Bilder: Seine Notationen zur "Mischung" in der Bawag-Foundation, verleiten sofort etwa an die wechselseitige Durchdringung von Zentrum und Peripherie, an das nie ganz simple Zwischenmenschliche oder an das heikle Mit- und Nebeneinander von Kulturen und Weltbildern zu denken.

Weiners Verweise auf die Zusammensetzung der Masse ruft unzählige Aufnahmen aus dem Gedächtnis ab, Porträts von Menschen und Mengen. Man ist aber auch verleitet, an konkrete Poesie zu denken, oder an ein Dada-Gedicht oder an ein x-beliebiges Piktogramm. Aber: den Arbeiten ist das völlig egal, sie sind durch Bilder weder zu beeindrucken noch zu verrücken. Sie sind gegenüber sämtlichen Vereinnahmungen autonom.

Fakt ist nur, was wer auch immer an die Wand gepinselt hat, was durch die Schablonen abgedeckt wurde, welche Werte die Farben haben, welchen Reiz die Typografie bedient, wie das Modell auf den jeweiligen Raum reagiert. (DER STANDARD, Printausgabe vom 18./19.3.2006)