Wien - Die viel diskutierten Übergangsfristen für Osteuropäer, die Österreich nun um drei Jahre verlängert, beziehen sich auf Unselbstständige. Wer als Selbstständiger kommt und hier ein freies Gewerbe anmeldet, kann relativ problemlos tätig werden. Von Scheinselbstständigen spricht man, wenn jemand einen Gewerbeschein löst, in Wirklichkeit aber normale Arbeitnehmertätigkeiten zumeist am Bau verrichtet. Das ist verboten. Dass sehr oft Steuern und Abgaben hinterzogen werden, kommt noch dazu.

Die AK beklagt, dass seit Jahresbeginn ein zusätzliches "neues Schlupfloch" für Scheinselbstständige aufgemacht wurde. Wurde Einzelunternehmern aus EU-Drittstaaten - etwa Serben - bisher sehr restriktiv der Zugang gewährt, reiche nun ein österreichischer Auftrag. Solange etwa der Bauauftrag läuft, gelte die Aufenthaltserlaubnis. "Das öffnet neuen Scheinselbstständigen aus Drittstaaten Tür und Tor", sagt AK-Sozialexperte Christoph Klein.

4600 Anmeldungen nach der Erweiterung

Ohnehin wären seit der EU-Erweiterung im Mai 2004 bis September 2005 in Wien 4600 Anmeldungen im Bauhilfsgewerbe erfolgt, davon 2300 aus Polen. Der Verdacht liegt nahe und wird durch Kontrollen der Behörden regelmäßig bestätigt: Viele davon dürften Scheinselbstständige sein.

Am größten war 2005 das Problem in Deutschland, wo mehrere tausend polnische Fleischer als vermeintlich Selbstständige über die Grenze kamen, später aber in Schlachthöfen normale Arbeitnehmertätigkeiten verrichteten, sagt Johannes Kopf aus dem Wirtschaftsministerium. In Österreich sei das Kontrollpersonal aufgestockt und die Höchststrafen verdoppelt worden. So habe man das Problem alles in allem in den Griff bekommen, sagt Kopf.

Stimmt nicht, sagt die AK und fordert unter anderem, dass künftig die Auftraggeber beweisen müssen, keine Scheinselbstständigen zu beschäftigen, und die gerichtliche Strafbarkeit des Delikts statt bloßer Verwaltungsstrafen - analog zu Deutschland. (Michael Bachner, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18./19.3.2006)