Belgrad - Slobodan Milosevic, der bekannteste Angeklagte des UNO-Kriegsverbrechertribunals in Den Haag, der am Samstag einem Herzinfarkt erlegen war, war auch in Belgrad kein Musterpatient. Die serbische Öffentlichkeit wurde im Frühjahr 2001 zum ersten Mal konkreter über die Gesundheitsprobleme des früheren Präsidenten informiert. In den neunziger und späten achtziger Jahren war darüber nur spekuliert worden.

Milosevic wurde etwa zehn Tage nach seiner Festnahme im April 2001 wegen Blutdruckproblemen in ein Belgrader Krankenhaus eingeliefert. Die damalige genauere Diagnose lautete auf einen "nicht entsprechend behandelten hohen Blutdruck mit Schwellungen am Herzmuskel", berichtete die Belgrader Wochenzeitschrift "Vreme" in ihrer Donnerstagsausgabe.

Nach Angaben eines der Ärzte, die Milosevic 2001 untersucht hatten, gab es schon damals den Verdacht, dass entweder die vorherige Behandlung des hohen Blutdrucks falsch gewesen sei oder der Patient die vorgeschriebenen Medikamente nicht regelmäßig eingenommen habe. Die Veränderungen am Herzmuskel, die bei Milosevic diagnostiziert worden seien, hätten darauf hingedeutet, dass die Krankheit keines neueren Datums gewesen sei, sagte Ljupco Mangovski, Facharzt für Herz- und Gefäßkrankheiten, der Zeitschrift.

Säumig bei der Medikamenten-Einnahme?

Er selbst habe damals empfohlen zu prüfen, ob der Patient die vorgeschriebenen Medikamente in entsprechender Dosis einnehme. Mangovski konnte der Wochenzeitschrift allerdings nicht sagen, ob seine Empfehlungen je berücksichtigt worden seien.

Vermutungen, dass Milosevic die vorgeschriebenen Medikamente nicht einnimmt, wurden wiederholt auch von Ärzten des UNO-Kriegsverbrechertribunals geäußert. Der Ex-Staatschef wies alle Vorwürfe zurück.

Angst vor Vergiftung

Die Befürchtungen Milosevic', vergiftet zu werden, dürften ebenfalls schon seit längerem bestanden haben. Nach Angaben Mangovskis hatte der Haager Angeklagte bereits 2001 jede Infusion oder Spritze energisch abgelehnt.

Milosevic soll seinen Anwalt Zdenko Tomanovic am vergangenen Freitag über seine Ängste informiert haben, im UNO-Tribunalsgefängnis vergiftet zu werden. Den Anlass für seine Befürchtungen lieferte angeblich die zwei Monate zuvor festgestellte Präsenz von einem Medikament gegen Lepra und Tuberkulose in seinem Blut, das hemmende Wirkung auf Blutdruckmedikamente hat. Der Haager Angeklagte formulierte seine Ängste auch in einem Schreiben an den russischen Außenminister Sergej Lawrow, das Tomanovic am Tag vor dem Tod Milosevic' der russischen Botschaft in Den Haag zustellte. (APA)