Noch vor dem Wahltag in Belarus (Weißrussland) haben die EU-Außenminister ihre Entscheidung getroffen. Thema der Beratungen am kommenden Montag: mögliche Sanktionen gegen das Regime in Minsk. "Vollkommen inakzeptabel" nannte EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner am Donnerstag die neue Verhaftungswelle gegen Oppositionsführer im Land.

"Ich bin bestürzt über Berichte, denen zufolge Anatoli Lebedko, ein prominentes Mitglied der Vereinigten oppositionellen Front, den ich im vergangenen Herbst in Straßburg getroffen habe, zusammen mit anderen Mitgliedern des Teams um den registrierten Kandidaten Aleksander Milinkewitsch in den vergangenen 24 Stunden verhaftet worden ist", ließ Ferrero-Waldner erklären und warnte: "Solche Festnahmen haben keinen Platz in der Organisation freier und fairer Wahlen."

Im Ständigen Rat der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Wien (OSZE) feuerte indes US- Botschafterin Julie Finley eine weitere Salve gegen Minsk. Friedliche Versammlungen abzuhalten sei ein unverletzliches Menschenrecht und ein Grundsatz der OSZE, sagte die Botschafterin und verwies auf die Geldstrafe, zu der Lebedko zuvor wegen einer angeblich "illegalen Demonstration" verurteilt worden war.

Finley, die bei anderen politischen Fragen - etwa beim Streit um die Mohammed-Karikaturen - ihre "Frustration" über die Langsamkeit der Entscheidungen in der OSZE und die "Blockadehaltung" der EU-Staaten beklagte, sieht sich bei Weißrussland auf derselben Linie mit den Europäern. Für den Tag nach den Wahlen drohte sie nun dem Regime in Minsk: "Jede gewaltsame Unterdrückung friedlicher Proteste wird ernsthafte Auswirkungen haben." Als mögliche neue Sanktionen gelten eine Ausweitung von Einreiseverboten in die EU gegen Verantwortliche des belarussischen Regimes und das Einfrieren von Bankkonten. (mab, afs/DER STANDARD, Printausgabe, 17.3.2006)