Austausch der Briefkästen in einem Wiener Wohnhaus: Aus Alt (Vordergrund) mach Neu.

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Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat sich am Donnerstag in einer öffentlichen Verhandlung mit der Frage befasst, wer die Kosten für die Umstellung der Hausbriefanlagen tragen muss. Die Hausbesitzer, die laut dem neuen Postgesetz noch bis 30. Juni die alten Brieffächer in Wohnanlagen durch neue, mit breiterem Einwurfschlitz ausgestattete austauschen müssen, damit auch private Zusteller die gleichen Zugangsmöglichkeiten wie die Post bekommen, wehren sich dagegen. Sie sehen dadurch u.a. ihr Eigentumsrecht verletzt und hatten die Causa deshalb per Individualantrag vor den VfGH gebracht.

Kosten von 40 bis 60 Euro pro Fach

Rechtlich sollen bei dem Verfahren Teile des neuen Postgesetzes als verfassungswidrig gekippt werden. Rein ökonomisch geht es um die Umrüstung von 1,1 Millionen Hausbriefanlagen in Altbau-Wohnanlagen, was nach Schätzungen an die 60 Millionen Euro (40 bis 60 Euro pro Fach) kostet.

Die Verfassungsrichter unter Vorsitz von Präsident Karl Korinek bekamen am Donnerstag von den Beschwerdeführer zu hören, dass der Auftrag im Postgesetz ein Eingriff in das Eigentumsrecht sei. Es sei nicht einzusehen, dass der Aufwand für das neue Post-Kastl von den Hauseigentümern - und nicht etwa den Post-Dienstleistern - zu tragen sei. Außerdem hätte man nicht gleich austauschen müssen, sondern beispielsweise die Schlüssel für die existenten Brieffächer weitergeben können, argumentierte der Anwalt der Beschwerdeführer, Johannes Hock.

Wahrscheinlich gehe es aber ohnedies weniger um klassische Post, sondern um "Werbemittelverteiler die begünstigt werden bzw. gleichen Zugang erhalten sollen", sagte der Anwalt. Die Strafandrohung (bei Nicht-Umstellung drohen Strafen bis zu 30.000 Euro) sei im übrigen "geradezu empörend hoch".

Jetziges System "diskriminierend"

Ingrid Siess-Scherz, Anwältin des Verfassungsdiensts im Bundeskanzleramt, und Alfred Stratil, Spitzenbeamter im Infrastrukturministerium, hielten dagegen: Der Mehrheit der Hausbesitzer würde heute schon die Errichtung einer solchen Anlage auf eigene Kosten zugemutet: "Wenn sie beispielsweise Eigenheimbesitzer sind, müssen sie schon lange einen Briefkasten an der Tür hängen haben", sagte Stratil. Die EU schreibe gleiche Chancen für alle Anbieter von Postdiensten vor, und dies sei mit dem bestehenden Österreichischen System nicht zu gewährleisten. Neben Österreich habe nur Polen ein solches Brieffach-System, das diskriminierend wirke.

Eine Weitergabe der Schlüssel sei im Übrigen aus Haftungsgründen nicht möglich, sagte Stratil. Die Firmen zur Kasse zu bitten, errichte gerade für die neuen Post-Anbieter "hohe Wettbewerbsbarrieren", sagte Stratil.

Kosten landen früher oder später beim Mieter

Klar scheint nur, dass nach der geltenden Gesetzeslage die Umstellungskosten früher oder später beim Endverbraucher (Mieter) landen werden. Der Hausbesitzer kann sie zwar nicht als Betriebskosten weiterverrechnen, sagte die Juristin des Kanzleramts. Sie würden aber von der Hauptmietzinsreserve bedeckt und könnten damit "indirekt" überwälzt werden.

Die öffentliche Verhandlung des VfGH endete in den Mittagsstunden. Die Verfassungsrichter werden nun in nicht-öffentlichen Beratungen eine Entscheidung suchen.

Sonder-Session im April

Am Freitag wurde bekannt, dass in der noch bis Samstag laufenden Frühjahrssession jedenfalls keine Entscheidung zu erwarten ist. Der VfGH teilte mit, dass "neue Fragestellungen" aufgetaucht seien, die 14 Richter wollen sich nun Ende April bei einer außertourlichen Session mit dem Thema befassen. Die nächste reguläre Session startet im Juni. (APA/red)