Bild nicht mehr verfügbar.

Prekäre Lage in Paris: Aus dem Platz vor der Sorbonne wurde der Platz der Unsicherheit

foto: apa/epa/Horacio Villalobos

Bild nicht mehr verfügbar.

Demo in Rennes

foto: ap/VINCENT MICHEL

Bild nicht mehr verfügbar.

Aufmarsch in Marseille

foto: ap/CLAUDE PARIS

Bild nicht mehr verfügbar.

"Non"

foto: reuters/JEAN-PAUL PELISSIER
Paris - Schüler und Studenten in Frankreich haben bei einem landesweiten Protesttag ihrer Wut gegen die Lockerung des Kündigungsschutzes für Berufsanfänger Luft gemacht. Zehntausende nahmen am Donnerstag an Demonstrationen und Kundgebungen überall im Land teil und forderten die Rücknahme des umstrittenen Gesetzes. Die Regierung lehnte dies weiter ab, verwies aber auf die Möglichkeit, die zweijährige Probezeit zu verkürzen, innerhalb derer Unternehmen jungen Job-Einsteigern ohne Grund kündigen können.

Auseinandersetzungen in Pariser Vorstadt

Am Nachmittag versammelten sich Tausende in Paris zu einer Protestkundgebung. Im Vorfeld kam es in der Pariser Vorstadt Le Raincy zu Auseinandersetzungen zwischen Polizisten und gut 200 Schülern. Zwei Beamte und eine Gymnasiastin wurden verletzt, die Schülerin laut einem Lehrer durch einen Schlagstock. In Frankreichs zweitgrößter Stadt Marseille gingen nach unterschiedlichen Angaben von Polizei und Veranstaltern 7000 bis 15.000 Menschen auf die Straße. Sie forderten mit Transparenten wie "Sklavenvertrag" oder "Ausbeuteranstellung" die Rücknahme der umstrittenen Reform. Kundgebungen mit jeweils tausenden Teilnehmern fanden auch in Rennes, Grenoble und anderen Städten statt.

70 Prozent der Unis bestreikt

Von Frankreichs 84 Universitäten wurden rund 70 Prozent bestreikt, ebenso Dutzende von Schulen. An der Sozialwissenschaftlichen Universität von Toulouse kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Streikenden und Studenten, die auf einem Lehrbetrieb bestanden. Premierminister Dominique de Villepin kündigte an, am Freitagabend mit Präsidenten von Universitäten über die Lage zu beraten. 46 Hochschulleiter hatten Regierung und Studenten aufgerufen, einen Dialog aufzunehmen.

Probezeit nicht unumstößlich

Die zweijährige Probezeit sei nicht unumstößlich, sagte der für Beschäftigung zuständige Minister Gérard Larcher im RTL-Radio. Darüber könnten Arbeitgeber und Gewerkschaften dem Gesetz zufolge verhandeln. Die Regierung ist dabei offenbar bereit, eine Moderatorenrolle zu übernehmen. Larcher betonte, seine Tür stehe den Sozialpartnern für einen "Ausbau" des Vertrages jederzeit offen. Dies gelte auch für den Vorschlag, betroffenen Jugendlichen Berater zur Seite zu stellen.

Bildungsminister appelliert an Studierende

Bildungsminister Gilles de Robien appellierte an die Studenten, auch "an die zu denken, die arbeitslos sind". Der Erstanstellungsvertrag sei schließlich nicht für Hochschulabsolventen konzipiert, sondern für Jugendliche ohne Diplom und Abschluss - "die, die vor nicht allzu langer Zeit und teilweise gewaltsam in den Vorstädten ihrer Sorge Ausdruck verliehen haben", sagte Robien im Radiosender Europe 1. Auch wenn die Konjunktur in diesem Jahr wieder anziehen werde, erwarte er weiter über 20 Prozent Jugendarbeitslosigkeit. "Dafür brauchen wir eine Lösung."

Rückendeckung

Rückendeckung bekamen die Studenten und Schüler nach Elternverbänden, Gewerkschaften und Linksparteien auch vom Erzbischof von Dijon, Roland Minnerath. Er bezeichnete den Erstanstellungsvertrag als "Angriff auf die Persönlichkeitsrechte" und auf die "Würde derer, die arbeiten". Zwar müssten Unternehmen in einer Marktwirtschaft auch entlassen können, "aber sie müssen das begründen", sagte er im christlichen Radiosender RCF. "Ich frage mich, ob eine Maßnahme, die eine Diskriminierung nach dem Alter vorsieht, mit Blick auf die Europäische Menschenrechtskonvention legal ist." (APA/AFP)