Würfel "gefühlsbe.weg.ung" von Mariam Djalili, Rainer Hammermüller, SonHyang Kim, YongGil Hwang, JiSong Ri.

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"mindblaster" von Gerd Hammerl, Erik Torvald Ersson, Niels Zander, Manuel Koller, Nefeli Antoniadi.

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"Gedankennetz" von Jürgen Pekovits, Barbara Karner, Doris Grosstessner, Bernhard Eder.

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"Informationsträger - papernews" von Nikolaus Waltl.

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Geistiges Ziel der Sache ist die Gedankenerfrischung, wenn im prall gefüllten Kopf da oben plötzlich alles stockt und blockt.

Vom großen Chefsessel träumen viele. Ein Riesenbüro, ein Raum, der Eindruck macht, mit ein paar Lederfauteuils und einer alibimäßigen Yuccapalme. Es gibt aber auch die gegenteilige Sehnsucht, jene, die das Arbeitszimmer schrumpft, so gut es geht. Hans Hollein setzte sich bereits 1967 leibhaftig in sein "Mobile Office", in jenes durchsichtig aufgeblasene Ding, das gerade einmal dem hockenden Hollein und einem Schreibboard auf seinen Knien Platz bot. Haus-Rucker-Co hat sich im "Balloon for Two" aus dem Fenster eines gründerzeitlichen Wohnhauses gestülpt und so getan, als würde man gerade arbeiten. Und Coop Himmelb(l)au bewegten sich in ihrem "Restless Ball" arbeitenderweise quer über den Wiener Naschmarkt.

Im Fachjargon spricht man von den "Visionären". Und wie sich jüngst herausgestellt hat, scheint die Zeit der alt-neuen Visionen nicht vorbei zu sein. Dekaden nach den erwähnten Projekten halten die Miniaturträumereien auf kleinstem Raum und in engster Zurückgezogenheit erneut in den Alltag der Planenden Einzug. Schutz und Geborgenheit treten gegen die Luxusware Raum an.

Denkräume

Das Institut für Raumgestaltung an der TU Wien hat vergangenes Semester kleine, so genannte "Denkräume" aus der Taufe gehoben, von denen vier Stück nun in einer Ausstellung zu sehen und zu begehen sind.

Entstanden sind Würfel, die einerseits der Entleerung und andererseits der anschließenden Wiederbefüllbarkeit des Kopfes dienen sollen. Wer bei dieser Grauzellenkur unweigerlich an karge, spartanische Räume denkt, in denen einem die klösterliche Askese den Atem verschlägt, der wird sich in der Ausstellung gut und bunt aufgehoben wissen. "Man braucht wohl eine gewisse Monotonie, um sich wieder zu entspannen", erklärt Günter Pichler, der das Projekt von universitärer Seite her betreut hat, "aber das muss nicht immer der nackte Urraum sein. Manche schauen lieber in eine Waschmaschine hinein."

"gefühlsbe.weg.ung"

Die anfängliche Orientierungslosigkeit zwischen den Würfeln nimmt beim näheren Hinschauen ab. Enge löst sich in Weite auf, Dunkelheit geht in Licht über, und am Ende erstrahlt alles in einem leuchtenden Yves-Klein-Blau und in einem satten Magenta. Der gebaute Uterus nennt sich "gefühlsbe.weg.ung" und soll beim Überwinden kreativer Blockaden im Ideenfindungsprozess unterstützend wirken. "Allein die Stimmung, in die man verfällt, soll einem helfen, seine Blockade zu überwinden", erzählt die Studentin Miriam Djalili.

Einen gänzlich anderen Ansatz bieten die beiden Projekte "mindblaster" und "Gedankennetz". Da wird aufs Gemüt nicht viel Rücksicht genommen. Der Besucher kämpft sich durch Drainagerohre und Schläuche, durch gespannte Seile und Geräusche von Wind und Wasser – eine Melange, die einen schnurstracks in Richtung Delirium schubst. Student Erik Torvald Ersso: "Ein Stroboskop soll die alten Gedanken zerstören und Platz für neue machen."

"papernews"

Glücklich und unglücklich zugleich fügt sich die Geschichte um den vierten und letzten Cube. Wahrlich eine Freude, dass auch Lesekonsum zur synaptischen Zerstreuung beitragen kann, denn der Architekturstudent Nikolaus Waltl hat es auf die rosa Zeitung abgesehen. Ein Stapel aus Paketen verschnürter STANDARDS bildet das gut lesbare Exponat "papernews", eine Art Kunstwerk in Progress. Waltl: "Das Abtragen und Neuanordnen der Pakete schafft durch die körperliche Anstrengung und den dabei stattfindenden Adrenalinabbau Kapazitäten für spätere geistige Tätigkeiten."

Der Haken an der Sache? Ursprünglich hätten die "papernews" in der Jasomirgottstraße direkt vor den Ausstellungsräumlichkeiten stehen sollen. Die Kulturabteilung der Stadt Wien (MA 7) und die Magistratsabteilung für Architektur und Stadtgestaltung (MA 19) hatten bereits ihr Einverständnis gegeben, gesträubt hat sich einzig und allein der Bezirk, der in der Aufstellung des Zeitungsstapels eine Verdeckung des Riesentores zu St. Stephan befürchtet hatte. "Man muss respektieren, dass der Bezirk bei all diesen Aktionismen nicht mitmacht", erklärte Bezirksvorsteherin Ursula Stenzel auf Anfrage des STANDARD, "Kunst ist das eine, Werbung ist das andere."

Werbung für eine Ausstellung? Zur etwaigen Entwindung der verstrickten Gedankengänge: Die Produktion und Finanzierung der vier Cubes mussten das Institut und die Studenten allein tragen. Und nichts liegt näher als die Vorstellung eines armen Studiosus, der sich aus eigenen Mitteln in die werbenden Wogen des Marketings stürzen würde, nicht wahr? Schade eigentlich, dass die geistigen Produkte universitärer Frische den Passanten vorenthalten bleiben müssen. Der stadtstörende Zeitungsstapel gesellt sich nun zu seinen drei kubischen Kollegen und ist ebenfalls indoor zu besichtigen.
(Wojciech Czaja/Der Standard/rondo/17/03/2006)