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Ein Gruppe von Flüchtlingen auf Las Palmas

foto: apa/epa/Giorgio Felice Rapetti

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Das spanische Rote Kreuz kümmert sich um die Flüchtlinge

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Mehr als 300 Schwarzafrikaner an einem Tag – ein neuer Rekord im Ansturm von Flüchtlingen auf die Inseln Teneriffa und Grand Canaria. Geheimdienstberichten zufolge warten in Mauretanien eine halbe Million Menschen auf die gefährliche Überfahrt.

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Auf den Kanarischen Inseln sind die Menschen an Flüchtlingsboote gewöhnt. Doch so viele wie am Dienstag waren es noch nie. In nur 24 Stunden kamen neun Boote mit insgesamt 332 Schwarzafrikanern an den Stränden von Teneriffa und Gran Canaria an.

Hinter ihnen liegt die rund 1000 Kilometer lange Reise von Mauretanien über den Atlantik. Allein in den vergangenen zwei Wochen haben rund 2000 Menschen diese Überfahrt gewagt. Seit Jahresbeginn sind 3000 Flüchtlinge auf den Kanaren angekommen. Im gleichen Zeitraum im vergangenen Jahr waren es gerade einmal 850.

Die Route über den Atlantik wird immer stärker frequentiert, seit die Grenzzäune der spanischen Exklaven Ceuta und Melilla nach den Flüchtlingsstürmen scharf bewacht werden. Bis zu 1000 Euro zahlen die Flüchtlinge für ihre gefährliche Reise in offenen Booten mit Außenbordern, die bis zu 70 Menschen fassen.

Nach Angaben spanischer Geheimdienste und Hilfsorganisationen sollen 45 Schlepperbanden in Südmarokko, der besetzten Westsahara und in Mauretanien tätig sein. Demnach leben allein in Mauretanien rund eine halbe Million illegale Einwanderer, die auf eine Überfahrt hoffen.

Auf 1300 schätzt der Rote Halbmond in Mauretanien die Zahl derer, die seit November vergangenen Jahres die gefährliche Reise mit dem Leben bezahlt haben. Erst vor zwei Tagen hat vor der Küste Westafrikas eine spanische Schiffsbesatzung die Leichen von? 17 Afrikanern aus dem Atlantik geborgen.

Überfahrt "de luxe"

Die größte Erfolgschance haben Boote, die von spanischen Fischern von Mauretanien bis vor die Hoheitsgewässer der Kanaren geschleppt werden. Statt 1000 Kilometern fahren sie nur die letzten 100 Kilometer mit eigener Kraft. Doch der Preis für eine solche Überfahrt "de luxe" ist um einiges teurer.

Die Auffanglager auf den Kanaren sind überfüllt. Die Behörden lassen die Flüchtlinge aufs Festland ausfliegen. Dort leben sie dann in den großen Städten – ohne Unterkunft und ohne Einkommen.

"Die Lage ist ernst, aber nicht alarmierend", sagte der spanische Außenminister Miguel Ángel Moratinos nach der Ankunft der neun Boote auf den Kanaren. Die spanische Regierung entschied auf einer Krisensitzung, Mauretanien Hilfen im Kampf gegen die illegale Einwanderung anzubieten. Sie will Patrouillenschiffe zur Überwachung der Küste zur Verfügung stellen und bei der Einrichtung von Aufnahmelagern helfen.

Schon am Donnerstag sollen vier spanische Staatssekretäre in die mauretanische Hauptstadt Nouakchott fliegen, um dort ein gemeinsames Vorgehen abzusprechen. (DER STANDARD, Printausgabe, 16.3.2006)