Vor mehr als 20 Jahren hat Heinz Schaden, damals frisch gebackener Absolvent der Diplomatischen Akademie, eine Tätigkeit als Kabinettschef des Staatssekretärs für Wohnbaufragen im Bautenministerium der Laufbahn im auswärtigen Dienst vorgezogen. Zwischenzeitlich ist der promovierte Politikwissenschafter der erste direkt gewählte und unlängst in seinem Amt bestätigte Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg. In seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Salzburger Bewerbung um die Olympischen Winterspiele 2014, seiner zweiten Bewerbung in Folge, will es Schaden noch einmal wissen.

Die Ausgangsposition ist durchwachsen: Der Doping- Skandal in der österreichischen Mannschaft bei den Spielen in Turin bedeutet natürlich einen dramatischen Verlust an Ansehen und Glaubwürdigkeit – des heimischen Sportes sowie der ohnehin wenigen Funktionsträger, die in der olympischen Liga mitspielen. Eine Olympiabewerbung braucht jedoch ein Gesicht, lebt von Proponenten, die von den 115 stimmberechtigten Mitgliedern des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) anerkannt werden. Der polyglotte Schaden dürfte bei den durchwegs wohlbestallten und bei ihren Gesprächspartnern Seniorität gewohnten IOC-Mitgliedern gut ankommen. Umso mehr ist nun diplomatisches Geschick gefragt, wenn es Stimmen für die alles entscheidende IOC- Session in Guatemala City am 7. Juli 2007 zu gewinnen gilt.

Rotationslogik etc.

Auf dem Weg dorthin sollte Salzburg die Überprüfung der Qualität und Machbarkeit der Bewerbung durch die IOC- Fachleute bestehen. Die technische Exzellenz der Bewerbung steht hoffentlich durch die Anfang 2007 einzureichenden Bid Books sowie den Besuch der Evaluierungskommission außer Streit. Also wäre Sachkompetenz, möglichst ohne überheblich zu wirken, als eigene Stärke darzustellen.

Ein schlagender Wettbewerbsvorteil ergibt sich daraus dennoch nicht, da die IOC-Mitglieder auch andere Faktoren einbeziehen: Immerhin spricht die Logik der kontinentalen Rotation dieses Mal nicht mehr gegen Salzburg. Europa wäre durchaus wieder an der Reihe. Auch die Tatsache, dass sich Österreich zum vierten Mal in Folge bewirbt, wirkt sich positiv aus. Allerdings präsentiert sich Russland mit Sochi wesentlicher professioneller als erwartet und könnte auf eine "Entschädigung" für die Niederlage der Moskauer Bewerbung für die Spiele 2012 drängen.

Konflikte und Skandale – Stichwort negative Bürgerbefragung in der Stadt Salzburg und Doping in Turin – wirken auf IOC-Mitglieder nicht ungewöhnlich. Sogar in Australien, das anderen Ländern in Sachen Governance und Risikomanagement im Sport weit voraus ist, gab es im Vorfeld der Olympischen Spiele 2000 in Sydney heftige öffentliche Auseinandersetzungen.

Jedenfalls wird kritisch beäugt, inwieweit ein (potenzieller) Partner in der Lage ist, Probleme in den Griff zu bekommen und zu lösen. Also han 3. Spalte delt es sich in der Bewältigung der Krise um eine politische Übung, und in weiterer Folge um die Frage, wer am besten in der Lage ist, sportpolitische Allianzen zu knüpfen und auch ganz persönlich zu überzeugen. Da zudem viele IOC- Mitglieder nicht wirklich an Wintersport interessiert sind, zählt umso mehr das eine oder andere nette Erlebnis, die eine oder andere Gefälligkeit.

Will Schaden das Ruder für Salzburg noch herumreißen, muss er in den nächsten 15 Monaten weltweit auf Tournee gehen, um IOC-Mitglieder persönlich zu treffen: Angefangen von den gerade aktuellen Commonwealth Games in Melbourne, über die internationale Sportkonferenz SportAccord Anfang April, reiht sich ein Sporttermin an den anderen. Genau diesen Job hat Fedor Radmann gemeinsam mit Franz Beckenbauer im Zuge der erfolgreichen deutschen Bewerbung um die Fußball-WM 2006 gemacht.

Der erfahrene Sportmanager aus Schönau bei Königssee ist seit der Rückkehr von Toni Schutti in die Österreichische Sporthilfe vergangenen Donnerstag neuer Geschäftsführer der Salzburger Bewerbung. Gewachsene Netzwerke sind seine Spezialität. Wegen parallel laufender Beraterverträge hatte sich Radmann 2003 als angestellter Vizepräsident des Organisationskomitees der Fußball-WM 2006 zurückziehen müssen. Jetzt ist er halt als "Berater" rechte Hand von OK- Präsident Beckenbauer. Radmann hatte auch bereits bisher Salzburg 2014 unterstützt: Jetzt liegt es an ihm, Schaden, IOC-Mitglied Leo Wallner und dessen Generalsekretär Heinz Jungwirth als logisches Lobbying-Team zu koordinieren.

Inhaltlich ist bisher eine Re- Positionierung weg von der Kultur ("The Sound of Winter Sports") hin zu Gastfreundschaft und Sportentwicklung erkennbar. Vielleicht lädt das Salzburger Land 2006/2007 zu Wintersportwochen für Kinder und Jugendliche aus aller Welt und andere Länder zum Freundschaftspreis in Trainingszentren? Oder werden gar im Hinblick auf Heim- Winterspiele 2014 die ersten Förderungsprogramme in bei uns noch wenig entwickelten Sportarten wie Curling ins Leben gerufen? Schaden und Radmann sollten auf ihren Reisen jedenfalls etwas zu erzählen haben. (Markus Redl* - DER STANDARD PRINTAUSGABE 15.3. 2006)

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*Markus Redl (32) ist Lehrbeauftragter für Sportmanagement an der Uni Innsbruck.