Teheran/Moskau - Der Iran hat kurz vor der Erörterung des Atomstreits im UN-Sicherheitsrat den Bau eines zweiten Atomkraftwerks angekündigt. "Wir planen den Baubeginn des Kraftwerks in den kommenden sechs Monaten", sagte Energieminister Parvis Fattah laut iranischen Zeitungen vom Montag. Das Projekt werde von dem frühreren Energieminister und Reformpolitiker Habibollah Bitaraf geleitet.

Das Parlament hatte vergangene Woche umgerechnet 168 Millionen Euro aus Öleinnahmen für den Bau bewilligt. Zuvor hatte der Chef der iranischen Atomenergiebehörde, Gholamreza Aghasadeh, die Auschreibung zum Bau zweier neuer Kernkraftwerke angekündigt. Wie das bisher einzige Atomkraftwerk des Landes, das bald fertiggestellt werden soll, sollten die beiden neuen im südiranischen Bushehr errichtet werden.

UN-Sanktionen "unwahrscheinlich"

Der iranische Wirtschaftsminister Davud Danesh-Jaafari hielt die Verhängung von UN-Sanktionen gegen sein Land für wenig wahrscheinlich. "Es ist unwahrscheinlich, dass die Europäer Sanktionen gegen uns beschließen, aber selbst in diesem Fall wäre dies gegen die europäischen Interessen", sagte er in Teheran. Der Iran könne sehr schnell seine Handelspartner wechseln und Produkte aus anderen Ländern kaufen. Zudem könne sein Land auf beachtliche Devisenreserven zurückgreifen.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow bedauerte das Fehlen einer gemeinsamen Strategie der westlichen Länder im Atomstreit. Die internationale Gemeinschaft sei sich über das Vorgehen in der Internationalen Atomener-Organisation (IAEO) einig gewesen, über das Vorgehen im UN-Sicherheitsrat jedoch nicht, sagte er der liberalen Zeitung "Wremja Nowostei". Indirekt kritisierte Lawrow die USA, die versuchten, die Lage zu nutzen, um einige politische Ziele in ihrem Verhältnis zu Teheran zu erreichen. Der Chef der russischen Atomenergiebehörde, Sergej Kirijenko, sagte der russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti, Voraussetzung für eine russisch-iranische Zusammenarbeit im Atomsektor sei Teherans Anerkennung der IAEO-Forderungen. Moskau hatte als Kompromiss im Atomstreit vorgeschlagen, für den Iran auf russischem Territorium Uran anzureichern.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im deutschen Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), sagte, er erwarte von den Beratungen der fünf ständigen Mitglieder im UN-Sicherheitsrat so "etwas wie eine gelbe Karte für den Iran und eine Stärkung der internationalen Atomenergiebehörde". Die 15 Mitglieder des UN-Sicherheitsrats diskutieren in den kommenden Tagen erstmals über weitere Schritte, um Teheran zum Verzicht auf die Urananreicherung zu bewegen. Die IAEO hatte den Streit an das UN-Gremium verwiesen, das auch Sanktionen verhängen kann. (APA)