Bild nicht mehr verfügbar.

Die Londoner Börse hat sich Käufern bisher stets verweigert - zuletzt der US-Technologiebörse Nasdaq.

Foto: STANDARD/EPA
New York/London - Robert Greifeld, Chef der US-Technologiebörse Nasdaq, hat mit einem überraschenden Übernahmeangebot für die Londoner Börse (LSE) in Höhe von rund 2,4 Milliarden Pfund (3,5 Mrd. €) Schwung ins Konsolidierungskarussell gebracht. Sowohl US-Hauptkonkurrent New Yorker Börse (NYSE) als auch LSE, Deutsche Börse und die Vierländerbörse Euronext stehen jetzt unter Zugzwang.

LSE lehnte das Kaufangebot von 950 Pence je Aktie allerdings sofort als unzureichend ab. Zuletzt hatte die LSE bereits viel niedrigere Offerten der Deutsche Börse und der australischen Investmentbank Macquarie zurückgewiesen.

Schnelleres Karussel

Mit der angestrebten großen Transatlantik-Börse dreht sich das Karussell jetzt deutlich schneller. Finanzinstitute und Anleger verlangen von den Börsen immer raschere und kostengünstigere Handelsmöglichkeiten und ein breiteres Produktangebot mit Aktien, Anleihen, Optionen und anderen "Derivat"-Wertpapieren. Entscheidend sind für die Aktionäre der Börsenholdings steigende Gewinne und Kurse. Sie sind nur durch verstärkte Handelsvolumina und Gebühreneinnahmen machbar. Dies versuchen die Börsen durch Fusionen oder Aufkäufe von Konkurrenten, durch neue Produkte und durch Kundenabwerbung zu erreichen.

Erfolgreicher Börsegang

Die 1792 gegründete NYSE hatte am Mittwoch, einen Tag nach dem Zusammenschluss mit dem elektronischen US-Wertpapiermarkt Archipelago, einen erfolgreichen Börsengang hingelegt und Geld für Zukäufe in der Kasse. Die Aktien des Branchenprimus haben einen Gesamtwert von knapp zwölf Milliarden Dollar (zehn Mrd. Euro). Wo er zukaufen will, hat NYSE-Chef John Thain allerdings noch nicht gesagt. Zur "Auswahl" stehen Betriebe wie LSE, Deutsche Börse und Euronext.

Außerdem...

Nasdaq-Chef Greifeld hat inzwischen das US-Geschäft gestärkt, er erwarb um eine Milliarde Dollar unter anderem die elektronische Inet-Handelsplattform von Instinet. Die Deutsche Börse wiederum bemüht sich nach der gescheiterten LSE-Übernahme seit Ende Februar um einen Zusammenschluss mit der Vierländerbörse Euronext (Paris, Amsterdam, Brüssel, Lissabon), also eine kontinentaleuropäische Börsen-Großfusion. Euronext hatte auf die "Fusion unter Partnern" aber recht reserviert reagiert. Sollte sie trotzdem gelingen, entstünde die zweitgrößte Börse der Welt nach der NYSE. Das Nasdaq-Angebot für die LSE könne die beiden anderen Börsen einander in die Arme treiben, meinen Branchenkenner. Bei dem unlängst gescheiterten Übernahmeversuch der LSE durch die australische Macquarie-Bank habe ein ähnlicher Druck nicht bestanden. (Reuters, dpa/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13.3.2006)