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Die Kadima-Partei setzt im Wahlkampf auf ihren Gründer

Foto: AP/Schalit
Sind die israelischen Wahlen diesmal besonders spannend, weil die herkömmliche Parteienlandschaft völlig umgestaltet ist, oder sind sie besonders langweilig, weil der Ausgang schon seit Wochen feststeht? Der Donnerschlag, mit dem der gesundheitliche Zusammenbruch des populären Premiers Ariel Sharon den anlaufenden Wahlkampf zum Stillstand gebracht hatte, ist beinahe wieder vergessen.

Sharon hatte ja erst im November den Likud verlassen und die Zentrumspartei Kadima ("Vorwärts") gegründet, die in den Umfragen auf Anhieb weit vorn lag. In den zwei Monaten, seitdem ihre Galionsfigur nach einem Schlaganfall bewusstlos im Spital liegt, hat die "Sharon-Partei" zwar eine gewisse Erosion erfahren, aber noch immer wird ihr ein starkes Ergebnis von 38 Mandaten prophezeit. Das wäre fast ein Drittel der Stimmen und ungefähr doppelt so viel wie das, womit die Arbeiterpartei und der konservative Likud jeweils rechnen können.

Der traditionelle Zweikampf zwischen Likud und Arbeiterpartei hat sich in einen Dreikampf aufgefächert, wobei sich niemand sicher ist, wer der gefährlichere Gegner ist. Dass Ehud Olmert, der 60-jährige Interimspremier und Kadima-Spitzenkandidat, nun in einer Interviewoffensive seine bereits bekannten Pläne für die Auflösung weiterer Siedlungen präzisiert hat, ist ein Zeichen dafür, dass die Kadima versucht, an ihrer linken Flanke Wähler anzulocken.

Prompt hat Benjamin Netanjahu, der alte neue Chef des nach rechts gerückten Likud, jetzt versucht, die Initiative an sich zu reißen: Bombastisch erklärte er die Wahl am 28. März zu einer "Volksabstimmung über die Pläne von Olmert, den Großteil der Gebiete zu verlassen und sie ohne Gegenleistung der Hamas zu übergeben."

Israel in der "Zange"

Überhaupt sind die Ängste, die der Wahlsieg der Hamas ausgelöst hat, zum Hauptthema des Likud geworden: "Der Hamas-Staat und die Hisbollah, die zwei Arme des Iran drohen, Israel in die Zange zu nehmen", heißt es in den Fernsehspots, "das ist eine islamische Achse des Bösen, wie wir sie noch nie gekannt haben. Olmert ist blind für die Gefahr - man kann ihm das Land nicht überlassen."

Umgekehrt schießt sich die Kadima auf die Person des 56-jährigen "Bibi" Netanjahu ein, der sich in seinen drei Jahren als Premier äußerst unbeliebt gemacht hat und 1999 schmählich abgewählt wurde. Während Olmert und Netanjahu einander also ihre Grobheiten widmen, bleibt Amir Peretz, der neue Chef der Arbeiterpartei, ein bisschen links liegen. Dass der 54-jährige bisherige Gewerkschaftsführer nicht abheben kann, liegt auch daran, dass seine Stärke im Wirtschafts- und Sozialbereich liegt. Doch Peretz' Parolen, ein Mindestlohn von 1000 Dollar und ein Stopp der Studiengebühren, reißen die Massen nicht mit, und seine Freunde müssen sogar versichern, dass er "kein Kommunist" sei. Die Schwächen ihres Kandidaten, der keinerlei Regierungserfahrung hat, versucht die Arbeiterpartei zu kaschieren, indem sie ihn mit Exgenerälen umgibt.

Und zuletzt hat Peretz versucht, sich durch einen Besuch bei Palästinenserpräsident Mahmud Abbas nahostpolitisch zu profilieren: "Nichts wäre gefährlicher, als alle Gemäßigten in die Arme der Hamas zu treiben", erklärte er. Bei allen Unterschieden in den Nuancen haben Kadima und Arbeiterpartei letztlich ähnliche Programme: Man würde Verhandlungen mit den Palästinensern vorziehen, in Ermangelung eines Partners werde Israel aber einseitig Grenzen festlegen. Die große Koalition Olmert/Peretz gilt als ein sicherer Tipp. (DER STANDARD, Printausgabe, 13.3.2006)