Wien - Ohne in irgendeiner Form dem künftigen Status der von der UNO verwalteten südserbischen Provinz vorzugreifen, sollten die Verhandlungen "fachkundig, fair und vernünftig sein". Dies sagte Bundespräsident Heinz Fischer nach einem einstündigen Gespräch mit seinem serbischen Amtskollegen Boris Tadic am Freitag vor Journalisten in Wien. "Die Schwierigkeiten sind bekannt", fügte Fischer hinzu. Er appellierte auch, die Verhandlungen "nicht unter zu großen Zeitdruck zu setzen, sondern die Probleme wirklich ausgiebig zu diskutieren".

Tadic erklärte, Serbien akzeptiere sämtliche Rechte der Albaner, verteidige seine Interessen im Kosovo und Metohija (Metochien) aber mit voller Legitimität. Er setze sich für eine "friedliche Kompromisslösung" ein. Nicht nur wegen des Umstandes, dass die Kosovo-Verhandlungen in Wien geführt werden, spiele Österreich in der gesamten südosteuropäischen Region eine "besondere Rolle". "Meinen Freund Fischer habe ich um Unterstützung der prinzipiellen Standpunkte Serbiens gebeten", sagte Tadic.

Unabhängigkeits-Referendum

Weiteres Thema des Gesprächs zwischen den beiden Präsidenten war das für 21. Mai angesetzte Unabhängigkeits-Referendum in Montenegro. Fischer zeigte sich zufrieden, dass die Voraussetzungen für das Abhalten der Volksabstimmung klar definiert wurden. Tadic dazu: "Die Sache ist klar: Bei 55 Prozent minus einer Stimme bleibt Serbien-Montenegro bestehen, bei mehr als 55 Prozent ist Montenegro unabhängig". Nach dem 21. Mai werde er jedenfalls keine weiteren Gespräche über eventuelle Unabhängigkeits-Referenden in Montenegro führen.

Diskutiert wurde auch über die Kooperation Belgrads mit dem UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag. Tadic erinnerte an das "Versprechen der serbischen Regierung", unter der Führung von Vojislav Kostunica den angeklagten bosnisch-serbischen General Radko Mladic in der vorgegebenen Frist (Ende März) auszuliefern. Bei einer Gelegenheit habe er auch mit dem US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld über die Probleme bezüglich der Mladic-Festnahme gesprochen. Dieser habe ihm geantwortet: "Das verstehe ich. Wir haben auch ein Problem, Osama bin Laden zu fassen". Es sei nicht einfach, Männer dingfest zu machen, die "enorme Kriegserfahrung haben", sagte Tadic.

Beide Präsidenten zeigten sich hinsichtlich der bilateralen Beziehungen zufrieden. Fischer nannte diese "sehr vertrauensvoll und gut". Dies gelte auch in wirtschaftlicher Hinsicht. In die politische Arbeit von Tadic habe er "großes Vertrauen", sagte der Bundespräsident.

Tadic nannte die wirtschaftliche Kooperation "ausgezeichnet - und die Perspektive ist noch besser". Mit Fischer führe er immer "offenere Gespräche als dies üblich ist, weil wir in einer Region leben und die Verantwortung teilen". Tadic zeigte sich überzeugt, dass trotz großer Schwierigkeiten eine "große Chance besteht, die Region und Serbien zu stabilisieren und mit einer Perspektive in Richtung EU auszustatten". (APA)