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Wenn ein Produkt in einem Land zum Verkauf zugelassen sei, müsse es auch in allen anderen Ländern die Genehmigung bekommen, meint die EU-Kommission.

Foto: APA/dpa/Berg
EU-weite Rechtsvorschriften für den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen wird es in nächster Zeit nicht geben. Das ist ein Ergebnis des jüngsten Berichtes der Europäischen Kommission zum Thema Gentechnik. Grund dafür sei der "begrenzte Erfahrungsschatz" mit dem Anbau entsprechender Kulturen in der EU. Deswegen will die Kommission laut dem Bericht nun verstärkt "die erforderlichen Schritte unternehmen, dass die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften beachtet werden."

Das könnte für Österreich schon recht bald die unangenehme Konsequenz einer neuen Klage der Kommission bedeuten. Denn die heimischen Regeln würden teilweise krass dem Gemeinschaftsrecht widersprechen. So sei es – wie bereits im entsprechenden Urteil gegen Oberösterreich festgehalten – nicht möglich, dass sich eine Region als "gentechnikfrei" deklariere. Österreich gehe nun den Weg, dass im Rahmen von Anbau- Genehmigungsverfahren einzelner Kulturen festgehalten werde, dass diese beispielsweise nicht in sensiblen Regionen wie im Alpenraum angebaut werden dürften. Das sei nicht zulässig.

Keine Sonderregeln

Falls eine gentechnisch veränderte Pflanze nicht für gewisse Regionen geeignet sei, müsse das bereits im Zulassungsverfahren festgehalten werden, dass für die gesamte EU gelte. Österreich könne also nicht eine gentechnisch veränderte Kultur, die für sensible Gebirgszonen zugelassen ist, aus den Alpen aussperren, meinte ein ranghoher Vertreter der Kommission.

Kritik wurde auch an den "Koexistenzregeln" Österreichs geübt: Diese seien "unnötig streng", hieß es. Mit den Koexistenzregeln wird festgehalten, unter welchen Bedingungen gentechnisch veränderte Pflanzen neben unveränderten angebaut werden dürfen. Man warte hier auf technische Details, um beurteilen zu können, ob Österreich hier Gemeinschaftsrecht verletze. "Eine Klage gegen Österreich ist dann sicher angebracht, wenn sich nichts ändert", meint man in der Kommission.

Bis Ende 2005 hatten Deutschland, Dänemark, Portugal und sechs österreichische Bundesländer Koexistenzregeln aufgestellt. Ein eigener Kongress am 5. und 6. April in Wien soll sich mit diesem Thema befassen.

"Praxis hinterfragen"

Auch die Praxis, Landwirte, die gentechnisch veränderte Pflanzen anbauen wollen, prinzipiell mit hohen Schadenersatzforderungen zu belangen, falls sich angrenzende nicht veränderte Pflanzen mit den veränderten Kulturen vermengten, sei zumindest hinterfragenswert. "Die Schadenersatzforderungen dürfen keinesfalls zu hoch sein, da sie sonst auch eine Art Hindernis durch die Hintertüre darstellen könnten."

Auch bei den aus gentechnisch veränderten Organismen entstehenden Produkten will die EU-Kommission streng sein: Wenn ein Produkt in einem Land zum Verkauf zugelassen sei, müsse es auch in allen anderen Ländern die Genehmigung bekommen. "Sonst widerspricht das dem gemeinsamen Markt." (Michael Moravec aus Brüssel, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 11./12.3.2006)