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Foto: APA/EPA/Matthew Cavanaugh
Bill Frist, von Beruf Herzchirurg und derzeit republikanischer Fraktionsführer im US- Senat, vertraut auf sein Fingerspitzengefühl: Bei nahezu jeder Kontroverse während der letzten Jahre hielt der heute 56-jährige Südstaatler einen Finger in die Luft, um festzustellen, woher der Wind weht. Nicht zuletzt, um zu erkunden, wie groß seine Aussichten für eine Präsidentschaftskandidatur im Jahr 2008 sind.

Dabei kann es durchaus geschehen, dass der fotogene, schlanke und groß gewachsene Frist ins Fettnäpfchen tritt: Im Fall Terri Schiavo etwa, wo er per Ferndiagnose und nach Ansehen eines Videos feststellte, dass die gehirntote Patientin sehr wohl auf Stimulierungen reagiere – was sich später als unmöglich herausstellte. Im Dezember 2004 äußerte er die Ansicht, Aids könne durch "Schweiß und Tränen" übertragen werden.

Und was die Stammzellforschung betrifft, war der in Harvard ausgebildete Chirurg zunächst an der Seite von Präsident George W. Bush und vehement gegen die Finanzierung von zusätzlichen Stammzellkulturen, änderte jedoch nach Bekanntwerden einschlägiger Umfragen seine Meinung.

Flexibel zeigt sich Frist auch in der Kontroverse um sechs US-Häfen, deren Betrieb an die arabische Firma Dubai Ports World verkauft werden sollte. Zunächst war er vehement dagegen. Dann zog er sich für kurze Zeit auf eine Abwarteposition zurück, nur um angesichts des öffentlichen Aufschreis gegen den Deal wieder zu seiner ursprünglichen Ablehnung zurückzukehren. Am Donnerstag platzte der Deal.

William Harrison Frist wurde im Februar 1922 in Nashville, Tennessee, als Sohn eines Arztes geboren, besuchte die angesehene Harvard Me^dical School und praktizierte später als Herzchirurg an einem der besten Spitäler Ame^rikas, dem Massachusetts General Hospital. Frist, der bis zum Alter von 36 Jahren noch nicht ein einziges Mal gewählt hatte, trat erst spät In die Politik trat er erst spät ein. 1994 gelang es ihm auf Anhieb, Senator Jim Sasser aus Tennessee aus dem Sattel zu heben. Im Jahr 2000 wurde er mit 66 Prozent der Stimmen bestätigt.

Im Dezember 2002 wurde er zum Fraktionsführer gewählt, nachdem Trent Lott das Amt wegen einer rassistischen Bemerkung zurückgelegt hatte.

Dem Multimillionär wird unter anderem ein Interessenkonflikt vorgeworfen, da er seine Aktien in der umstrittenen Hospital Corporation of America nicht rechtzeitig abgestoßen hat. Während des Wahlkampfes im Jahr 2004 reiste Frist– - entgegen allen Traditionen des Senats – nach South Dakota, um an einem scharfen Wahlkampf gegen sein demokratisches Gegenstück Tom Daschle teilzunehmen, der die Wahl auch prompt verlor.Dennoch wurde er immer wieder als potenzieller republikanischer Kandidat für die US-Präsidentschaft im Jahr 2008 genannt. In jüngsten Umfragen scheint er allerdings unter "ferner liefen" auf.

Der oft als "barmherziger Samariter" gelobte Frist reist oft mit dem eigenen Flugzeug in entlegene afrikanische Dörfer, um ärztliche Hilfe zu leisten. Bill Frist und seine Frau Karyn sind Presbyterianer und haben drei Söhne. Harrison, Jonathan und Bryan. (Susi Schneider/DER STANDARD, Printausgabe, 11./12.03.2006)