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Tristesse pur im Voest-Quartier: Stahlbett an Stahlbett, eine Sprinkleranlage als Dusche.

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"Geltende Lohn- und Arbeitsbedingungen wurden gröblich verletzt." Was das Wirtschaftsministerium trocken auf den Punkt bringt, bezeichnen Arbeitnehmervertreter als "moderne Sklavenarbeit": Gemeint ist der Fall einer oberösterreichischen Montage- und Demontagefirma, die Arbeitskolonnen aus asiatischen Niedriglohnländern einfliegen ließ, um sie auf einer Voest-Baustelle "unter miesesten Bedingungen schuften zu lassen", wie Franz Riepl, Chef der Metallgewerkschaft, wettert. Er zeigt sich im STANDARD-Gespräch besonders frustriert, dass dafür "immer öfter so genannte Entsendebewilligungen des Arbeitsmarktservice missbraucht werden."

Spitze des Eisberges

Der Voest-Fall sei allerdings nur die Spitze des Eisberges, glaubt Riepl, dessen Leute den Fall der SSU Montage und Demontage GmbH entdeckt und die Beamten der Einheit gegen illegale Arbeitnehmerbeschäftigung (Kiab) aufgescheucht hatten. Zuerst bekam einmal das Arbeitsinspektorat einen Tipp, dass im Kraftwerk Simmering äußerst triste Zustände bei der Beschäftigung von Ausländern herrschen würden. Als die Kontrolleure dem nachgingen, fanden sie direkt am Werkgelände einquartierte asiatische Arbeiter, deren Tagesarbeitszeit über den gesetzlichen Rahmen hinausging.

Schauplatz Linz, selbes Unternehmen: Die SSU Montage und Demontage GmbH vermittelte Indonesier und Südkoreaner im Auftrag der indonesischen Pt. Srijaya Segara Utama für Abrissarbeiten am Gelände der Voestalpine Stahl. "Für die so genannten Spezialmonteure war eine 60-Stunden-Woche normal, außerdem hat der Stundenlohn nur 1,30 Euro betragen", wirft Riepl der Firma vor und verweist darauf, dass der KV-Mindestlohn dafür bei 10,50 Euro liegt. Diese Summe soll auch dem Arbeitsmarktservice genannte worden sein.

Der Geschäftsführer der Montage- und Demontagefirma, Erich Krieger, wehrt sich auf STANDARD-Anfrage jedoch gegen die Vorwürfe: "Die Leute haben 8,95 Euro Lohn sowie Kost, Logis und Transport bekommen." Erhalten würden sie das Geld in ihrem Heimatland. Das österreichische Unternehmen besorge zudem "alle Visa, die Unterkünfte und die Entsendegenehmigungen, die vom AMS ja auch erteilt worden sind".

Laut Kiab wurde nach den Kontrollen allerdings "Strafantrag wegen illegaler Ausländerbeschäftigung" gestellt. Derzeit beschäftigt sich die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde damit. SSU hat gegen die Anzeige Berufung eingelegt, weshalb das Verfahren zur Zeit noch in Schwebe ist, heißt es auf Anfrage. Wie die Arbeiter untergebracht waren, haben die Gewerkschafter aber bereits dokumentiert.

Firmen machen Druck

Das Arbeitsmarktservice, das sich bei der Ausstellung von Entsendebewilligungen auf die Angaben der einheimischen Firma verlässt, hat jedenfalls mittlerweile alle bestehenden Genehmigungen auf Entsendeanträge der Oberösterreicher zurückgezogen. Kontrollen gab es vorher freilich nicht. Dafür braucht es konkrete Hinweise auf arbeitsrechtliche Verstöße, heißt es. Die Indonesier und Südkoreaner haben Österreich in der Zwischenzeit bereits verlassen.

Immer öfter bereiten ähnliche Konstruktionen Arbeitnehmervertretern auch in anderen Bundesländern Kopfzerbrechen. "Da bekam eine einheimische Firma den Zuschlag für einen Anlagenbau. Um Arbeitskosten zu sparen, gab diese den Auftrag unter anderem an ein italienisches Unternehmen weiter, das in der Folge mit Arbeitern aus Nicht-EU-Staaten tätig wurde", schildert Riepls burgenländischer Kollege Gerhard Michalitsch.

Als die Italiener dann dem AMS allerdings keine Sozialversicherung für ihre Arbeiter nachweisen konnten, machte sich der österreichische Unternehmer stark und mit dem Hinweis Druck, er könne mit der Produktion nicht beginnen, weshalb das AMS doch "ein Auge zudrücken soll". (Monika Bachhofer, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 11./12.3.2006)