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Immer mehr Frauen machen sich im Wirtschaftswunderland Polen selbständig. Bereits mehr als ein Drittel aller polnischen UnternehmerInnen sind Frauen. Eine der erfolgreichsten ist Henryka Bochniarz (Bild).
Foto: APA/EPA/Kula
Katarzyna Sterczewska, eine sympathische Mittdreißigerin mit rotem Pferdeschwanz, nutzte den stürmischen und verregneten Herbst 2002, um ins Schuhputzergeschäft einzusteigen. Zuerst veranstaltete sie ein Happening mit vier elegant gekleideten Schuhputzern, die ihre Dienste an strategisch günstigen Stellen in Lodz, der zweitgrößten Stadt Polens, anboten. Zwar ging es zunächst bergab, weil eben nicht jeder als Schuhputzer geboren wird, der auch den Smalltalk mit dem Kunden/der Kundin pflegt. Doch Idee und Strategie setzten sich durch.

Wenn die professionellen Schuhputzer mit ihrem stilisierten KundInnenthron in einer neuen Stadt Polens auftauchen, werden sie meist schnell zur Attraktion einer Straße oder eines Einkaufszentrums. Sterczewska selbst ist Managerin und Eigentümerin der Firma "Pucybut" und vergibt heute vor allem Lizenzen im Franchisingverfahren. Das Unternehmen floriert.

Ungekrönte Königin

Die ungekrönte Königin aller polnischen Businessfrauen ist jedoch Henryka Bochniarz. Die resolute Endfünfzigerin ist Vorsitzende der polnischen ArbeitgeberInnen-Konföderation Leviathan. Im Herbst letzten Jahres startete sie als Präsidentschaftskandidatin für die liberale Demokratische Partei, verlor aber gegen den Nationalkonservativen Lech Kaczynski. Doch für ihr Image als weltoffene Unternehmerin war die Wahlkampagne genau das Richtige.

Bochniarz, die zunächst wissenschaftliche Karriere als Konjunkturforscherin machte, dann als Fulbright-Stipendiatin in die USA ging und dort an der University of Minnesota lehrte, wurde in den 1990er-Jahren Industrie- und Handelsministerin in der Regierung Bielecki und gründete schließlich die Consultingfirma Nicom. Die Firma zählt heute zu den führenden der Branche.

Europäische Businesswomen

International bekannt ist auch Wanda Rapaczynski. Als Vorstandsvorsitzende des Medienverlags Agora entscheidet sie nicht nur über die weiteren Investitionen ins Flaggschiff Gazeta Wyborcza, sondern verantwortet auch die gesamte Verlagsstrategie. Der größte Medienkonzern Ostmitteleuropas ist an der Warschauer und der Londoner Börse notiert und gilt als eines der erfolgreichsten Unternehmen Polens. Sowohl das "Wall Street Journal", "Financial Times", "Business Week" als auch "Forbes" nahmen Rapaczynski mehrfach in ihre prestigeträchtigen Listen der "25 erfolgreichsten europäischen Businesswomen" oder der "50 mächtigsten Frauen in der Welt der Wirtschaft außerhalb der USA" auf.

Wie Bochniarz startete die heute 59-Jährige ihre Karriere in den USA. Dort lehrte sie nach einer Psychologie- und Managementausbildung an den Universitäten New York und Connecticut und arbeitete danach bei der Citybank, ehe sie Anfang der 1990er-Jahre nach Polen zurückkehrte.

Ganz anders, aber nicht untypisch verlief die Karriere von Irena Eris. Die elegante 56-Jährige ist heute Eigentümerin der modernsten Kosmetikfabrik Polen. Sie exportiert die "Dr.-Irena-Eris"-Cremes, Lippenstifte und Make-ups in die ganze Welt, betreibt in Polen eigene Schönheitssalons und luxuriöse Spa-Hotels im südpolnischen Kurort Krynica Zdroj und im masurischen Wzgórza Dylewskie.

Angefangen hatte sie in einer kleinen Bäckerei nahe Warschau. Dort rührte die ehemalige Angestellte einer Pharmafirma mit einem Mixer die ersten Cremes zusammen. Die Mundpropaganda brachte nur wenige Kundinnen, bis dann eine berühmte Schauspielerin in einem Interview sagte, dass sie die Eris-Cremes ganz fantastisch fände. Das war der Durchbruch. (D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 9.3. 2006)