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Wie man Salat anmacht, wissen Prinz Charles und Gattin Camilla. Die Regierungsfertigkeit ist unsicherer.

Foto: Reuters/Staples
Der bevorstehende 80. Geburtstag von Königin Elisabeth II. wirft die Frage auf, welchen Regierungsstil Charles als König pflegen will.

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Eine Monarchie lebt von der Magie, kein Tageslicht darf auf den Zauber fallen. So legte es Walter Bagehot, ein hochkarätiger Staatstheoretiker, den Royals schon 1867 ans Herz. Elisabeth II. hält sich noch heute traumwandlerisch sicher an die Maxime, eine gekrönte Sphinx, die sich hütet, Politisches auch nur mit einer Silbe zu kommentieren.

Im April wird sie 80, die Vorbereitungen für das Jubiläum laufen - wenn auch mit kleinen Pannen. So wurde im offiziellen Fotoalbum im Internet zunächst auf Bilder von Schwiegertochter Camilla vergessen. Erst nach sarkastischen Berichten der Presse, dass zwar Prinzessin Diana, erste Frau von Thronfolger Prinz Charles, mehrfach vorkommt, die aktuelle Gattin aber gar nicht, wurde ein Foto eingefügt.

Doch zum runden Geburtstag steht auch Grundsätzliches zur Debatte - vor allem der mögliche Regierungsstil eines Königs Charles. Wie hält er es mit dem Schleier dynastischer Rätsel? Die Queen war schon Regentin, als noch Winston Churchill Premierminister war. Und wird wohl auch noch in Amt und Würden sein, wenn Tony Blair geht. Doch was sie über die Politiker denkt, weiß man nicht. Auch die Zeiten ändern sich und mit ihnen die Royals. Während Elisabeth die Aura des Geheimnisvollen mit eiserner Disziplin pflegt, nimmt Charles Kurs auf eine Art Glasnost im Schloss.

Unbestimmt wie das Wetter

Sicher, der Tag, an dem er den Thron besteigt, ist so unbestimmt wie das englische Wetter. Von Mark Bolland, seinem geschassten Privatsekretär, hört man zwar, der Prinz wäre "privat entzückt", würde seine Mutter bald abdanken. Doch den Gefallen tut sie ihm nicht, zumal er nur bewundernd zugucken kann, wie rüstig sie auf knirschendem Kies Paraden abnimmt. Ein Weilchen wird er sich noch gedulden müssen, der ewige Erbe, der auch schon 57 Jahre alt ist.

Die Wartezeit hat aber auch ihr Gutes. So können sich die Briten in kleinen Schritten an ihren künftigen Staatschef gewöhnen. An einen Romantiker, der oft altbacken wirkt, manchmal tollpatschig, aber auch ehrlich bemüht. Schon um die in seiner offiziellen Biografie eingestandene traurige Kindheit zu kompensieren, habe Charles ein starkes soziales Gewissen entwickelt, bescheinigt ihm Mary Riddell, eine der besten Kennerinnen des Königshauses.

Und statt den Regierenden distanziert, vielleicht auch amüsiert, zuzuschauen wie seine Mama, will er selber mitreden. "Er begreift sich als Dissident, der gegen den vorherrschenden Konsens ankämpft", sagt Bolland. Ein Rebell, aufgewachsen mit Silberlöffel im Mund.

Öffentliche Tagebücher Was der Prince of Wales denkt, steht sehr direkt in seinen Tagebüchern. Die schließt er nicht in den Safe, sondern lässt dutzende neugieriger Zeitgenossen bereitwillig mitlesen. Und weil einige Mitglieder dieses illustren Buchclubs zum Tratschen neigen, konnten die Briten neulich Wort für Wort in der Mail on Sunday nachlesen, wie Charles die Welt sieht - bevor seine Hoheit die Zeitung verklagte.

Das Pikanteste sind süffige Notizen, die von der Übergabe der Ex-Kolonie Hongkong an Peking erzählen. Da sind Chinas Politiker "schreckliche alte Wachsfiguren". Da ist das Flugzeug, in dem der Blaublütige in der Business-Class sitzen muss, während profane Minister ihren Champagner in der Luxusklasse schlürfen: "So sieht das Ende des Empires aus."

Briefschreiber

Neben Tagebüchern schreibt der Thronerbe mit Vorliebe Briefe, wobei sein Spektrum von Architektur über alternative Medizin bis hin zur Lage in Tibet reicht. Mitunter wird Charles in den Schreiben aber auch politisch: Die Times veröffentlichte einen Briefwechsel mit Ex-Justizminister Lord Irvine aus dem Jahr 2001, in dem er ein Gesetz zur Stärkung der Menschenrechte kritisierte.

Ein politisch aktiver Kronprinz, das mag noch angehen. Edward VII., von 1901 bis 1910 auf dem Thron, war berühmt dafür, dass er - quasi im Wartestand - seiner Mutter Victoria ständig Ratschläge gab und sich immens engagierte, wenn königliche Kommissionen über Dauerbrenner diskutierten wie "Wohnungen und die Arbeiterklasse". Insofern ist Charles in bester Gesellschaft. Aber was, wenn er das Zepter schwingt? Was bleibt dann vom Zauber majestätischen Schweigens?

Dann steuere das Haus Windsor auf gefährliche Klippen zu, orakelt Paul Flynn, ein Labour-Abgeordneter im Unterhaus. Der eine einfache, wenn auch republikanisch klingende Lösung vorschlägt: "Soll der Prinz doch einfach fürs Parlament kandidieren." (DER STANDARD-Printausgabe, 06.03.2006)