Noch weiß niemand, warum Anton Polster von der Austria Hausverbot erhielt, aber er macht unverdrossen seine Schmähs darüber und wurde vom Präsidenten Rudolf Edlinger als Rapids Ehrengast zum Derby eingeladen. Der Ex-Goalgetter dilettiert in einer ihm ewig fremden Charakterdoppelrolle: Als Rapidler, der er nie sein wird, sondern bestenfalls als Marionette in Edlingers Spiel, dem Rivalen eine lange Nase zu zeigen. Und als Premieres Abo-Zugpferd.

Auch wenn Polsters "Analysen" noch weniger mit der Realität zu tun haben als die "Analysen" in englischen Zeitungen, die das Urteil von drei Jahren Haft für den Holocaust-Leugner David Irving als Anschlag auf die Pressefreiheit geißelten. Unterton: Die Österreicher dürfen keinem "von uns" aus seiner Deutung der Geschichte einen Strick drehen, um sich für ihr schlechtes Gewissen zu entschuldigen. Auch wenn Irving den Neo-Nazis und anderem Gesindel am rechten Rand des Parteienbankerls Argumente liefert.

Polsters Image funktioniert nach einem ähnlichen Argumentationsmuster, und Andreas Herzogs Plädoyer war ein Musterbeispiel dafür: Der Toni ist einer von uns, den lassen wir uns durch einen miesen, von Magna korrumpierten, von Fremden besetzten Klub nicht wegnehmen. Was wirklich zwischen Polster, der Austria und Frank Stronach passierte, ob Magna-Chef oder Klub einen Grund haben, auf Polster sauer zu sein, interessiert keinen. Doch die Meinungsfreiheit und die Unschuldsvermutung sind nicht teilbar und gelten auch für Stronach und Austria. Irgendwann wird irgendwer von dort die Redefreiheit frequentieren, und hoffentlich hat Polster dann noch ein Publikumsliebling-Leiberl. (DER STANDARD, Printausgabe, Montag, 6. März 2006, Johann Skocek)