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Bleibt es beim Eurofighter-Flugsimulator? Rein theoretisch könnten die Abfangjäger in Österreich praktisch nicht eingesetzt werden, da ein Ausstieg aus dem Vertrag doch möglich wäre.

foto: apa/EPA/JONATHAN DRAKE
Neue Aufregung um den Eurofighter: Ohne deutsche Hilfe und ohne eine Verschiebung des deutschen Beschaffungsprogramms könnten die Flugzeuge nicht an Österreich ausgeliefert werden, berichtet Conrad Seidl.

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Es ist nur eine kurze Meldung auf Seite 19 der heutigen Ausgabe des Spiegel, aber für die österreichische Innenpolitik eine Sensation: Das Hamburger Magazin berichtet von einem vertraulichen Bericht an den Deutschen Bundestag, demzufolge die Bundeswehr ihr Beschaffungsprogramm für den Eurofighter umstellen muss, damit Österreich keinen Vorwand für einen Ausstieg aus dem Kaufvertrag für die 18 bestellten Flugzeuge finden kann.

Prompt meldete sich die österreichische Opposition zu Wort: Nun gebe es also doch einen Beleg dafür, dass Österreich aus dem (internationalen Gepflogenheiten entsprechend) geheim gehaltenen Kaufvertrag aussteigen kann.

"Falschinformation"

"Bisher hat die Regierung immer behauptet, ein Ausstieg aus dem Eurofighter-Vertrag wäre nicht oder nur mit sehr hohen Kosten möglich - das war offensichtlich eine Falschinformation", sagte der SPÖ-Rechnungshofsprecher Nationalratsabgeordneter Günther Kräuter. Er verlangte eine Sondersitzung des Rechnungshof-Ausschusses, um die Möglichkeiten für einen sofortigen Ausstieg aus der Eurofighter-Beschaffung zu erörtern.

Nach dem Spiegel-Bericht wäre klar, dass die Hersteller den Vertrag nicht erfüllen können - "damit ist ein Ausstieg sofort und ohne Pönale möglich", behauptet Kräuter. Dies allerdings stimmt definitiv nicht: Denn Eurofighter ist lieferfähig, und einige der für Österreich vorgesehenen Maschinen sind bereits in der Montage. Strittig ist allerdings, ob diese Flugzeuge all die Einsatzmöglichkeiten bieten, die Österreich vertraglich bestellt hat.

Hier hat sich nämlich offensichtlich seit der Ausschreibung eine Änderung ergeben: Der technische Stand, der 2002 aufgrund der österreichischen Ausschreibung angeboten wurde, wird von den inzwischen weiterentwickelten Eurofightern längst übertroffen. Das fiel auch den Verhandlern des Verteidigungsministeriums auf, die ein Jahr lang die Details des Vertrags ausverhandelten: Statt 24 wurden nun nur mehr 18 Maschinen bestellt - und vereinbart, dass diese gleich die verbesserten Leistungen der Tranche zwei erbringen müssen.

Dies umfasst eine Reihe von technischen Finessen (zum Beispiel die Steuerung von etwa 150 Flug- und Kampfaufträgen durch gesprochene Befehle), aber auch die Fähigkeit, Erdziele zu bekämpfen. "Das war ursprünglich nicht gefordert, ist aber 'nice to have' und wurde daher mitbestellt", erklärt Georg Mader vom Fachmagazin Jane's.

Fest steht, dass viele der bisher ausgelieferten Maschinen noch nicht über die vollen Fähigkeiten verfügen - jene, die 2007 ausgeliefert werden, sind auf einem höheren Standard (Block 5), aber noch nicht auf dem der zweiten Tranche.

"International üblich"

"Es ist international üblich, dass man eine Fähigkeit nach der anderen entwickelt und die schon ausgelieferten Flugzeuge nachrüstet - das machen alle so, auch Frankreich mit seiner Rafale", sagt Wolfdietrich Hoeveler, der Kommunikationschef von Eurofighter. Österreich werde selbstverständlich alles bekommen, was vertraglich vereinbart sei.

Damit Österreich, das sich mit der Bestellung so lange Zeit gelassen hatte, bis die Produktionskapazitäten (der Bau jedes einzelnen Flugzeugs dauert etwa 32 Monate) anderwärtig vergeben waren, mussten andere Luftwaffen ihre eigenen Lieferprogramme verzögern. Dies ist auch der Kern des Berichts an den Deutschen Bundestag, aus dem der Spiegel zitiert: Einige Flugzeuge für die Partnerländer Deutschland, Italien, Spanien und Großbritannien werden verzögert ausgeliefert, damit Österreich seine Eurofighter zu den vereinbarten Lieferterminen bekommt: vier Stück im Mai 2007, weitere zwölf im Jahr 2008 und vier im Jahr 2009.

Schulungen laufen bereits

Diesem Bericht des deutschen Verteidigungsministeriums ist auch zu entnehmen, dass die deutsche Bundeswehr weitere massive Unterstützung geben muss, damit Österreich die Eurofighter in Betrieb nehmen kann: Schon jetzt sind österreichische Techniker zur Ausbildung im bayerischen Kaufbeuren, wo sie auf die Wartung des Eurofighter eingeschult werden.

Im Herbst werden die österreichischen Piloten zur theoretischen Ausbildung nach Deutschland reisen, zu Beginn des nächsten Jahres startet in Laage bei Rostock dann die praktische Flugausbildung auf den (zweisitzigen) deutschen Eurofightern - Österreich hat ja nur Einsitzer bestellt.

Saudi-Arabien will 78 Stück

Die deutsche Hilfe entspricht dem Prinzip, dass jeweils eine so genannte Lead-Nation einem Kunden außerhalb der vier Partnerländer Unterstützung geben soll. Nach Deutschland wird es zunächst wohl Großbritannien treffen - denn Saudi-Arabien will nun bis zu 78 Eurofighter kaufen. Und zwar schnell. Das würde bedeuten, dass die Produktion von Flugzeugen für die Royal Air Force zurückgestellt werden müsste.

Die FPÖ meint, dies alles müsse in einem Untersuchungsausschuss geklärt werden. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6.3.2006)