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Altruistisches Verhalten haben Kleinkinder und Schimpansen gemein.

Foto: REUTERS/Simon Thong
Leipzig - Selbstlose Hilfsbereitschaft gibt es schon bei Kleinkindern und ansatzweise auch bei Schimpansen. Das ist das Ergebnis einer Studie am Leipziger Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, die das Fachmagazin "Science" (DOI: 10.1126/science.1121448) an diesem Freitag veröffentlicht.

In einer weiteren "Science"-Untersuchung (DOI: 10.1126/science.1123007) stellten Wissenschafter desselben Instituts fest, dass Schimpansen auch viel besser miteinander kooperieren als bisher vermutet. Sie erkannten nicht nur, wann sie Hilfe brauchten, sondern waren auch in der Lage, sich einen Kooperationspartner gezielt auszuwählen.

Hilfsbereite Kinder

Ein Forscherteam um Felix Warneken und Michael Tomasello testete die Hilfsbereitschaft von 18 Monate alten Kindern. Die Wissenschafter ließen im Experiment Gegenstände außerhalb ihrer eigenen Reichweite zu Boden oder in eine Kiste mit Klappdeckel fallen und versuchten dann erfolglos, die Gegenstände wiederzubekommen. Die Kleinen hoben die Gegenstände tatsächlich innerhalb kürzester Zeit auf und brachten sie den Forschern. Die Studie zeigt den Wissenschaftern zufolge erstmals, dass auch Kleinkinder ohne besondere Erziehung zu helfen bereit sind, auch wenn sie selbst davon nicht profitierten.

Im Tierversuch

Das gleiche Verhalten beobachtete das Team auch bei Schimpansen, allerdings nur bei etwas einfacheren Versuchsanordnungen. Demnach waren die Affen sehr hilfsbereit, wenn ihre Tierpflegerin nach Gegenständen zu greifen versuchte, die sie nicht erreichen konnte. Die Forscher konnten damit belegen, dass es selbstloses (altruistisches) Verhalten auch bei den nächsten Verwandten der Menschen gibt. "Früher nahm man an, hilfreiches Verhalten sei eine dem Menschen eigene Fähigkeit", sagte Warneken. "Vielleicht existierten erste Ansätze von Altruismus, die sich beim modernen Menschen noch verstärkt haben, auch schon bei unseren evolutionären Vorfahren."

Allerdings scheint sich diese Hilfsbereitschaft auf bestimmte Situationen zu beschränken. Eine andere Forschergruppe des Instituts hatte im Jänner Ergebnisse veröffentlicht, wonach Schimpansen zumindest beim Futter nur an sich selbst denken. In diesen Experimenten zeigten die Tiere keinerlei Interesse, einem Artgenossen einen Vorteil zu verschaffen, selbst wenn es sie selbst nichts kostete ("Proceedings of the Royal Society B"; DOI: 10.1098/rspb.2005.3417).

Effizienz

Die Kooperationsbereitschaft von Schimpansen untersuchte jetzt eine Wissenschaftergruppe um Alicia Melis. Die Forscher stellten die Affen vor die Aufgabe, an zwei Enden eines Seils gleichzeitig zu ziehen, um auf diese Weise an ein Holzbrett mit Futter zu gelangen. Die Affen ließen sich nur dann von Artgenossen helfen, wenn sie beide Seilenden nicht allein greifen konnten. Und dann wählten sie sich jeweils den effektivsten Helfer aus.

Noch sei nicht belegt, ob Affen über ein gemeinsames Ziel kommunizieren, erklärte Melis. Zudem sei noch offen, ob sie feststellen können, wer ein guter Partner ist. "Wir denken jedoch, dass Schimpansen, die miteinander kooperieren, mehr verstehen, als wir bisher annahmen." Diese Denkleistung unterscheidet Schimpansen den Forschern zufolge von zahlreichen anderen Kooperationen im Tierreich, die eher zufällig zu Stande kommen. (APA/dpa)