Cartier: "Délices de Cartier"

Foto: Cartier

Givenchy: "My Givenchy"

Foto: Givenchy

Guerlain: "L'Instant d'un Eté"

Foto. Guerlain

Alexander McQueen: "Kingdom"

Foto: Alexander McQueen
Der erste Gedanke war einfach. Wir wollen riechen wie das, was gut riecht, wir wollen also duften wie die Blumen. Aber dann fand man auch noch Zimt und andere Gewürze ganz gut. Und dann Hölzer, dann etwas, das der Wal im Körper hat. Und am Ende kam Jean-Baptiste Grenouille, Held des Romans "Das Parfum", und entdeckte die schiere Kraft der Verführung in dem Duft, den gewisse junge Mädchen verströmen. Ging schlecht aus für die Mädchen.

Im wirklichen Leben hatte Grenouilles Duftsuche einen gewissen Effekt auf die Parfum-Industrie, vielleicht war es auch nur ein zufälliges Parallelphänomen. In den 80er- und 90er-Jahren gab es plötzlich Düfte wie New West, die in ihrer Duftbeschreibung Wörter wie "ozeanisch" hatten. Man stelle sich darunter vor, was man mag. Es roch auf jeden Fall nach nichts Bekanntem und schon gar nicht nach irgendwas, das man im Garten hat.

Issey Miyake war der Nächste, der mit L'Eau d'Issey ein Geruchspanorama bot, das man nicht mit Pflanzen assoziiert, allenfalls mit einer Blüte, die irgendwann in der Zukunft als genetische Überraschung auftaucht. Dann kam noch Donna Karan, die schon ganz in Grenouille-Manier die Anmutung von weichem Leder und Kaschmir als Essenz formuliert in einen Flakon brachte.

Cartier überrascht mit "Délices de Cartier"

Nun ist aber Schluss. Es blüht wieder an allen Ecken, Grenouille ist tot, es lebe die Gärtnerin aus Liebe. Die größte Überraschung kommt von Cartier, wo bisher nur ganz schwere und ganz leichte Düfte zu Hause waren. Duft-Komponistin Christine Nagel vom großen Parfumhaus Quest hat für Délices de Cartier Jasmin, Veilchen und Freesien ins Zentrum, Kirsche und Pfeffer obendrauf, Tonkabohne und Sandelholz unten drunter gesetzt und ein erfreuliches Ergebnis erzielt. Wissend, dass der Erfolg eines Dufts, seine Wiedererkennbarkeit im positiven Sinn bei gleichzeitiger Nicht-Abnützung vom olfaktorischen Gesamtbild abhängt, ist Christine Nagel mit Délices ein Meisterstück gelungen. Der zweite Faktor für den Erfolg, die künstlerische B-Note, die Entwicklung des Dufts nach der Freisetzung in einem gewissen Zeitraum, liegt ebenfalls ziemlich oben. Die C-Note gibt's fürs Packaging, und dieses ist vollkommen zu Hause in der brillanten Cartier-Welt, geschliffene Kirsche mit Blüte obenauf.

"Armani Code"

Giorgio Armani wollte einen süditalienischen Garten im Flakon, und man entwickelte Armani Code. Orangenblüte und -schale sind die dominierenden Noten, abgefedert werden sie von einem elastischen Vanille-Boden. Sehr gelungen ist der Verlauf der Entwicklung nach der Freisetzung. Armani Code bleibt eine angenehm warme Begleiterscheinung für viele Stunden. Gute Noten verdient der Flakon. Eine Frauensilhouette, so weit abstrahiert, dass der Bauplan gerade noch erkennbar ist. Das nachtblaue Blumendekor bringt die Laufsteg-Eleganz in den Flakon.

Auch der coolste Brite braucht seinen Garten. Paul Smith entwickelte Floral, ein wilder Cocktail aus Seerose, Magnolie, Orchidee und Osmanthusblüte, serviert auf Moschus, Hölzern und Tonkabohne. Die beliebten bunten Paul Smith-Streifen verformen sich auf der Verpackung zu einem Sergeant-Pepper-Hippie-Psychedelic-Logo. Der Duft wirkt nicht bewusstseinsverändernd.

"My Givenchy"

Bei Givenchy kriegt man Audrey Hepburn nicht und nicht aus dem Kopf. Der neue Duft My Givenchy ist irgendwie schon wieder ihr gewidmet. Wenn man das Packaging richtig interpretiert, ist auch ein Schuss Carnaby Street dabei. Aber zum Duft: Birnenblüte, Veilchen, Mimose, Pfirsichblüte stehen auf einem Boden aus Vetiver, Patschuli und Moschus. Klingt alles sehr mädchenhaft herzig. Was sich letztlich durchsetzt, ist noch nicht so klar. Ein Duft, den man üben muss.

Einer, der garantiert nur einen Sommer währt, ist Pacific Paradise von Escada. Die karibische Longdrink-Optik des Flakons lässt Unerhörtes vermuten. Und das kommt auch. Kokosnuss, Limette, Ananas, Physalis, Bananenblüte und hawaiische Salzblüte (gibt's die wirklich?). Ein Muss für Pazifik-Träumer, die zu Hause eine große Fototapete haben.

Eine nette Idee von Yves Saint Laurent, die riesigen Hollywood-Oscar-Verleihungs-Blumensträuße als Parfum anzubieten. Cinéma hat mit Mimose, Zyklame, weißer Pfingstrose ein volles Staraufgebot. Die Verpackung ist logischerweise große Robe mit Gold satt.

Guerlain mit Zitronennote, Alexander McQueen mit Jasmin

Guerlain sieht mit L'Instant d'un Eté den Sommer heranziehen und sagt mit grüner Zitrone, Zitronenbaum und Grapefruit Hallo.

Alexander McQueen hat für eine limitierte Sommer-Edition seines Parfums Kingdom den Jasmin im Auge. Rund um die weiße Blüte gruppieren sich rosa Pfeffer, Patschuli, Sandelholz und Bergamotte. Das Ganze soll so hellenisch wirken wie McQueens Laufsteg-Kreationen. So hellenisch ist der Duft auch. (red, DER STANDARD, rondo/3/3/2006)