Gerti Drassl

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Wien – Sie sei immer schon "die Gerti" gewesen. Für ihre Südtiroler Eltern, die mit großem Ernst Theater gespielt hätten – ihr Vater im Nebenberuf. Als Kind hat "die Gerti" Ballettschuhe zertanzt. "Es stand immer außer Zweifel, dass ich Tänzerin werden würde", erzählt Josefstadt-Schauspielerin Gerti Drassl, die ab Donnerstagabend die Barblin in Max Frischs Schulleseklassiker "Andorra" gibt (Premiere um 19.30 Uhr).

Irgendwann, sie hatte sogar einen Kunststudienversuch hinter sich gebracht, wurde sie am Max-Reinhardt-Seminar angenommen. Am Josefstadt-Theater stach sie in einer kreuzbraven Wildenten-Produktion als wild aufloderndes Kind aus der sie umgebenden Welt der erstarrten Lebenslügner wie ein Zukunftsversprechen heraus.

Ein bestürzend außerordentliches Talent: Drassl ist die letztmögliche Steigerung all der Horváth-Fräuleins, deren forsches Drängen die Gemeinheit der Welt für eine ungeahnte Sekunde in sich zusammenfallen lässt. Die mit leidenschaftlich starrenden Augen durch die abgestandenen Gewässer der Niedrigkeit waten, als wären sie, die kleinen Demoisellen, in Wahrheit verwunschene Prinzessinnen, denen kein Stäubchen Schmutz anhaften kann.

Aus Frischs doch arg holzgeschnitzten Andorranern müsse man eben Funken schlagen, sagt Drassl. "Ich hoffe, dass bei jeder Figur herauskommt, was zwischenmenschlich passiert. Wir ringen um Klarheit." Mit Schauspielerinnen wie der Endzwanzigerin Drassl kommt man gar nie auf die Idee, dass es auf dem Theater um etwas anderes gehen könnte als: die Unbeugsamkeit von Figuren als Überlebensnotwendigkeit zu behaupten.

Undenkbar, dass Drassl jemals ironisch oder blasiert wirken könnte. Sie hat so "a Freid", behauptet sie ungezwungen dialektal. Wer sich selbst eine Freude machen will, besorge sich den DVD- Mitschnitt jener Sommerproduktion, in der sie die Bäsle- Briefe rezitierte (Bibliophile Edition). Die pure Mischung aus Lust, Witz und Kraft. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2.3.2006)