Frankfurt - Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Leitzins im Euro-Raum angesichts wachsender Inflationsgefahr wie erwartet erneut angehoben.

Der für die Refinanzierung der Geschäftsbanken maßgebliche Zins steigt um 25 Basispunkte auf 2,50 Prozent, wie die EZB am Donnerstag in Frankfurt mitteilte. Die Zentralbank hatte im Dezember mit der ersten Erhöhung seit fünf Jahren begonnen, die lange Phase außerordentlich niedriger Zinsen zu beenden. Nach deutlichen Signalen der Währungshüter war die erneute Erhöhung an den Finanzmärkten schon erwartet worden. Die Zentralbank sieht angesichts der besseren Konjunktur, hoher Ölpreise und bevorstehender Steuererhöhungen Gefahr für die Preisstabilität heraufziehen. Auch die überreichliche Geldversorgung der Wirtschaft bewerten die Währungshüter als Inflationsrisiko.

Höchststand seit drei Jahren

Der Leitzins erreichte nun den höchsten Stand seit drei Jahren, liegt für Deutschland aber noch immer auf dem niedrigsten Niveau der Nachkriegszeit. Offen ist, wie weit der Kurs einer strafferen Geldpolitik führen wird. Nach Einschätzung von Analysten wird die Zentralbank die Zinsschraube weiterhin nur vorsichtig anziehen. Im Mittel prognostizieren sie noch noch zwei Zinserhöhungen um 25 Basispunkte auf drei Prozent. Die EZB beuge derzeit eher Inflationsrisiken vor, als akute Inflation zu bekämpfen, sagte Rainer Guntermann, Volkswirt von Dresdner Kleinwort Wasserstein. "Der mittelfristige Ausblick hängt vom Wachstum ab - wenn sich das festigt, steigen die Preisrisiken."

Die Experten hoffen nun auf deutliche Hinweise von EZB-Präsident Jean-Claude Trichet in der Pressekonferenz ab 14.30 Uhr über den weiteren Erhöhungskurs. "Der Mark grübelt, ob es Mai, Juni oder Juli werden kann", sagte Thomas Mayer, Europa-Chefvolkswirt der Deutschen Bank. Bisher ließ der EZB-Rat sein Handeln nach dieser Zinserhöhung offen.

Keine Festlegung auf Serie

Trichet hatte zuletzt die Zinserhöhungserwartungen der Finanzmärkte als vernünftig bezeichnet, zugleich aber betont, es gebe keine Vorfestlegung auf eine ganze Serie von Zinsschritten. Ein deutliches Signal für Mai oder Juni wäre nach Ansicht Guntermanns, wenn Trichet die Markterwartungen erneut als vernünftig bezeichnen und die "Wachsamkeit" des EZB-Rates hinsichtlich der Inflationssrisiken betonen würde.

Der Chef eines führenden europäischen Unternehmens warnte die EZB vor zu großer Eile. Bernard Arnault, Vorstandschef des französischen Luxusgüterkonzerns LVMH sagte, er sei besorgt, die EZB werde das Wachstum bestrafen. "Kein ernsthafter Experte sieht Inflationsgefahr in Europa." Ansonsten blieb die Kritik an höheren Zinsen aus, der sich die Währungshüter zur Zinswende im Dezember noch ausgesetzt sahen.

Hinweise auf künftigen Kurs erhofft

Hinweise auf den künftigen Kurs der EZB erhoffen sich Analysten auch von den aktuellen Prognosen der EZB-Volkswirte. Die Nachrichtenagentur Market News hatte unter Berufung auf führende Zentralbankvertreter berichtet, die Inflationsprognosen würden leicht nach oben revidiert, so dass sich für 2007 und sogar 2008 eine Teuerung über zwei Prozent abzeichne. Für die EZB, die stabile Preise mit Inflationsraten knapp unter zwei Prozent anstrebt, wäre das keine gute Aussicht. Die EZB-Volkswirte hatten die Inflation im Dezember auf im Schnitt 2,1 Prozent für 2006 und 2,0 Prozent für 2007 taxiert. (APA)