Vom bevormundenden Staat ist die Rede, von einer "Schande für die Demokratie", wie der Rockstar Jarvis Cocker poltert. Die Gretchenfrage lautet: Wie kommt ein nicht gewählter Ausschuss dazu, einen gewählten Bürgermeister in die Ferien zu schicken? Drei Beamte, die die wenig bekannte "Schiedsgerichtliche Kammer für England" bilden, haben entschieden, dass Livingstone grob gegen ethische Normen verstoßen habe.
Wortwechsel liegt zwölf Monate zurück
Dass die Affäre überhaupt solche Kreise zieht, hat mit Livingstones markantestem Wesenszug zu tun: seiner Sturheit. Anders lässt sich kaum erklären, warum er sich nicht entschuldigte, nachdem er einen Reporter mit einem KZ-Aufseher verglichen hatte. Der Wortwechsel liegt zwölf Monate zurück.
Der "Mayor" gab einen Empfang für Chris Smith, einen früheren Kulturminister, der den Mut besaß, sich als HIV-Infizierter zu outen. Hinterher wollte Oliver Finegold, angestellt bei der Stadtzeitung Evening Standard, wissen, wie es gewesen war. Worauf Livingstone zurückblaffte: "Haben Sie einmal daran gedacht, sich behandeln zu lassen? Was haben Sie eigentlich früher gemacht? Waren Sie ein deutscher Kriegsverbrecher?" Finegold: "Nein, ich bin Jude, und ich finde Ihre Bemerkung ziemlich beleidigend." Livingstone: "Na ja, Sie mögen zwar jüdisch sein, aber eigentlich sind Sie genauso wie einer dieser KZ-Aufseher. Sie machen das, was Sie machen, weil Sie dafür bezahlt werden, stimmt's?"