Auf tschechischer Seite reagiert man mittlerweile gelassen. In den 90er Jahren war die russische Karte noch ein Politikum, heute wird sie von keiner Partei mehr gezückt. Als "russische Gefahr" diskutiert man gegenwärtig nur die vermutete Geldwäsche durch die neureichen Stammgäste. Und seit dem Abgang Václav Havels pocht auch Tschechiens Staatsführung nicht mehr auf die Einhaltung der Menschenrechte in Russland.
Prager Frühling
Angesichts der pragmatischen Gastfreundschaft von Präsident Vaclav Klaus fiel es denn auch Russlands Präsident Vladimir Putin am Mittwoch in Prag nicht schwer, eine moralische Verantwortung seines Landes für den Einmarsch in die Tschechoslowakei im Jahr 1968 einzuräumen. Eine "rechtliche Verantwortung" für die Niederschlagung des "Prager Frühlings" lehnte er erwartungsgemäß ab. Darauf hat Klaus auch nicht gepocht. Er sei froh über Putins Worte, meinte er: "Die Vergangenheit darf Gegenwart und Zukunft nicht belasten".
Dass zumindest die Gegenwart die Zukunft belastet, äußerten indes Havel und andere Politprominente in einem Brief an die G-8-Staaten. Sie fordern, dass das Thema Tschetschenien beim Gipfel in Petersburg diskutiert wird. Putin, als erster Kreml-Chef nach dreizehn Jahren auf Staatsbesuch in Tschechien, hatte wie bei allen Reisen in jüngster Vergangenheit das Energiethema als außenpolitische Trumpfkarte im Gepäck.
Auch in Tschechien, das 75 Prozent seines Gases aus Russland bezieht, wies er Zweifel an der Verlässlichkeit seines Landes zurück: In dem Maße, wie Europa die Abhängigkeit von Russland fürchte, müsse Russland diese auch umgekehrt fürchten, hielt er fest. Klaus stärkte Putin den Rücken wie kaum ein westlicher Staatschef zuvor: Die Energiefrage gehöre "entpolitisiert", meinte er. Es gehe nicht an, dass einige in Europa den Import von Gas und Strom kritisieren und gleichzeitig. Einen Tag zuvor in Ungarn, betonte Putin, dass erst innenpolitische Veränderungen eine Entspannung mit Russland ermöglichten.
Respekt und Liebe
Was Regierungschef Ferenc Gyurcsany im Unterschied zu den vorherigen rechtsgerichteten Regierungen über die Russen begriffen habe, legte die ungarische Zeitung Népszabadság dar: "Wenn du es (Russland) respektierst, wird es dich lieben. Wenn du korrekt bist, ist es großzügig."