Die Exekutive ist sensibilisiert, die Beweisaufnahme scheitert aber oft an der Schnelllebigkeit der Cyberwelt.


Linz - "... was da atmet muss nun sterben, dass die Welt gereinigt werde - mordend Juden und Christenheit, lüstern, voller Grausamkeit, Massengräber füllen sich, holde Pest wir grüßen dich ..." - Ein, zwei Mausklicke genügen, und schon offenbart sich auf der Homepage eines Internet-Musikversands das absurde Liedgut der deutschen Band "Absurd". Eine weiteres Onlineportal bietet CDs, T-Shirts, Poster der Bands "Kristallnacht", "Panzerfaust" oder "Ewiges Reich". Die STANDARD-Recherche im Internet scheint Warnungen von Experten zu bestätigen: Rechte Musikplattformen erleben derzeit in Österreich einen regelrechten Boom.

Braune Geldquelle "Die rechte Welle schwappt über. Immer mehr deutsche Nazi-Bands weichen für ihre Konzerte nach Österreich aus, parallel dazu schießen spezielle Onlineshops wie Schwammerln aus dem Boden", erläutert Robert Eiter, Vorsitzender der Welser Initiative gegen Faschismus.

Für die einschlägigen Gruppierungen seien solche Internetauftritte geradezu ideal: "Einerseits werden durch den Onlineverkauf die Kassen gefüllt, anderseits sind gerade Musikplattformen ein guter Zugang zu jungen Menschen", so Eiter. Mit Flyern und Veranstaltungen sei eine "solch breite Wirkung nie zu erreichen". Einen entscheidenden Schritt gegen braune Musikauftritte im Netz hat jetzt der Kulturverein "Infoladen Wels" gemeinsam mit der KPÖ Oberösterreich gesetzt. Bei der Staatsanwaltschaft Wels wurde eine Anzeige gegen den Musikversand "Irdenwerk" - Betreiber ist ein Oberösterreicher - wegen des Verdachts der Wiederbetätigung nach dem NS-Verbotsgesetz erstattet. Beim Landeskriminalamt sind die gerichtlichen Vorerhebungen bereits angelaufen.

Gesellschaftsproblem "Das Programm von Irdenwerk liest sich wie ein Who's who rechtsextremer und neonazistischer Musikgruppen", so Infoladen-Sprecher Markus Rachbauer. Es müsse jetzt alles getan werden, um "deutsche Zustände zu verhindern", fordert Rachbauer.

Auch für den Klubobmann der oberösterreichischen Grünen, Gunther Trübswasser, ist die Situation derzeit "sehr beunruhigend". Rechte Organisationen würden "immer dreister" agieren. "Da werden am helllichten Tag einschlägige Flugblätter verteilt, und kaum einer stößt sich daran. Das zeigt, dass es in diesen Bereichen mit Teilen der Gesellschaft einen Konsens gibt", bedauert Trübswasser im STANDARD-Gespräch. Dass es gerade in Oberösterreich immer wieder zu Verstößen gegen das Verbotsgesetz kommt - jüngst posierten etwa acht Fans der "Braunauer Bulldogs" mit der rechten Hand zum Hitler-Gruß vor dem ehemaligen KZ Mauthausen - sei historisch bedingt. "Linz als einstige Führer-Stadt, Braunau als Geburtsort von Hitler - das veranlasst leider einschlägige Gruppierungen dazu, in Oberösterreich besonders aktiv zu werden", ist Trübswasser überzeugt.

Vonseiten der Exekutive kennt man das Problem rechter Musikforen, sieht sich aber weit gehend machtlos: "Wir können nur schwer dagegen vorgehen, da ein großer Teil der bedenklichen Internetseiten meist wieder offline ist, ehe wir Beweismittel sichern können", klagt Michael Tischlinger vom Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. Übrigens: Seit dem Bekanntwerden der Anzeige verhindern "technische Probleme" einen Besuch von www.irdenwerk.com . (Markus Rohrhofer, DER STANDARD-Printausgabe, 28.02.2006)