Messsonden überwachen den dampfenden, 300 Grad heißen Boden. Woher die Hitze kommt, ist ein Rätsel.

Foto: USGS
Santa Barbara - Feuerwehrleute bemerkten es als erste. Sie hatten einen Buschbrand im Los Padres Nationalpark in Kalifornien nördlich von Santa Barbara gelöscht. Trotzdem stiegen noch heiße Dämpfe auf. Die Männer dachten, der Brand sei wieder aufgeflammt, begannen erneut zu löschen. Nach drei Tagen gaben sie auf. Der Boden dampfte weiter. Da riefen sie den Geologen des Nationalparks, Allen King.

Der steckte ein Thermometer in den Boden - über 300 Grad Celsius. Wärmebilder, von Hubschraubern aufgenommen, offenbarten etliche Hitzefelder, die das Feuer ausgelöst hatten. Und noch heute, eineinhalb Jahre nach dem Brand, ist der Boden dort so heiß - warum, weiß niemand.

Spekulationen

Alle bekannten Wärmequellen wie Vulkanismus, Thermalwasser, schwelende Kohle, brennendes Unterholz und Radioaktivität wurden nach Analysen ausgeschlossen. Es könnte eine bisher unbekannte Energiequelle sein, meint King, oder sonst was. Als das Mysterium vor Kurzem öffentlich bekannt wurde, machte das Gerücht von einem abgestürzten Militärflugzeug mit radioaktiver Fracht die Runde. Andere spekulierten über eine geheime brennende Ölquelle.

Der genaue Ort der heißen Erde wird geheim gehalten - aus Sorge um die Sicherheit Schaulustiger, sagt Scott Minor vom inzwischen zugezogenen Geologischen Dienst der USA (USGS). Selbst mit Schutzkleidung ist es dort gefährlich: Mitten in der Wildnis dampfe es aus dem Boden. Im Untergrund höre man kochendes Wasser brodeln, das mancherorts oberirdisch fließt. Die Hitzefelder seien über 12.000 Quadratmeter verteilt. Etliche Schuhsohlen von Forschern seien bereits geschmolzen.

Erst vor drei Monaten untersuchten die Forscher erneut den Ort der heißen Erde. Und stellten fest, dass die Temperatur gestiegen ist. Sie konnten in Löchern im Boden Fleisch rösten. Vielleicht, meinten die Forscher, war ein Bergrutsch der Auslöser. Denn irgendwann ist an dem mysteriösen Ort massenhaft Geröll einen Abhang heruntergestürzt. Die Trümmer entwickeln nun jene Hitze.

Bergrutsch-Theorie

Während des Kollapses seien möglicherweise Pyrit-Kristalle, Eisen-Schwefel-Verbindungen, aus dem Kalkgeröll gebröckelt und hätten sich mit Sauerstoff verbunden. Bei dieser "exothermen Reaktion" wird Wärme erzeugt. Die Hitze habe dann vielleicht Kohlenwasserstoffe im Gestein entzündet, so das Feuer ausgelöst, spekulierten einige Geologen. Andere fragten jedoch, warum die übrigen Gerölllawinen in der Gegend keine Feuer ausgelöst haben. Die Bergrutsch-Theorie wurde verworfen: Die Forscher fanden kaum Kohlenwasserstoffe im Boden - und keinen Pyrit.

Die Wissenschafter sprechen von einem "Traum-Forschungsprojekt", dessen Reiz gerade darin bestehe, dass sie im Dunkel tappen. In dieses brachten selbst Laboruntersuchungen kein Licht: Die Geologen haben heißes Geröll abkühlen lassen und in Rucksäcken ins Institut geschleppt. Doch weder der Blick ins Elektronenmikroskop noch geochemische Analysen halfen weiter. Die Forscher stellten das Rätsel in den vergangenen Wochen auf Tagungen vor, wo sie auf die Hilfe ihrer US-Kollegen hofften - vergeblich. Nun setzen sie auf Inspiration europäischer Wissenschafter.

Deutsche Geologen erinnern sich an den "brennenden Berg in Dudweiler". Doch was den Berg im Saarland seit Jahrhunderten erhitzt, ist bekannt: ein brennendes Kohleflöz. In China gibt es hunderte schwelende Kohlefeuer. Doch auch diese Ursache wurde für den Nationalpark ausgeschlossen. Die Forscher planen im März ihre nächste Expedition zu den rätselhaften Hitzefeldern. (Axel Bojanowski, DER STANDARD, Print, 24.2.2006)