Bild nicht mehr verfügbar.

Blick in den Wintergarten.

Foto: APA/Schlager
Das Wiener Museum für angewandte Kunst glänzt nicht mit einem schicken neuen Designerlokal, sondern mit der zeitgemäßen Interpretation einer österreichischen Institution: dem Gasthaus. Mit Lamperien und allem, was sonst noch dazugehört.

***

Wien – Wien ist mit Lokalen aller Art reich gesegnet, doch zwischen all den immer flotter designten Restaurants unterschiedlicher Provenienz und Ausstattung verschwindet eine Institution zusehends: das gute alte Gasthaus.

Das Gasthaus ist ein traditioneller Ort des, wie man sagt, bodenständigen guten Essens, Trinkens und Redens. Das neue MAK-Lokal, das ab sofort zu selbigem einlädt, ist also eine rare Ausnahme: Ein neues Gasthaus sperrt auf, während die alten vom Aussterben bedroht sind.

Nicht vom Odeur der Vorgestrigkeit umfächelt

Da aber die Architekten Eichinger oder Knechtl bekanntermaßen nicht vom Odeur der Vorgestrigkeit umfächelt sind, haben sie das Thema zeitgenössisch aufgearbeitet und damit für den hier waltenden Meister der Töpfe das ideale Umfeld geschaffen, denn Helmut Österreicher tut kulinarisch ja auch nichts anderes als Traditionelles raffiniert in den State of the Art zu erhöhen.

Gediegenes in schlanker, modern gewordener Gestalt

Die Gäste des Hauses erwartet also nicht überkandidelte Designopulenz, sondern Gediegenes in schlanker, modern gewordener Gestalt.

Rückgrat des Lokals

Das Rückgrat des Lokals bilden zwei Elemente: Ein sich durch den gesamten Raum ziehender Luster, der das Licht über die Bande der Decke spielt, sowie die darunter befindliche Bar, in der gut sichtbar Häppchen und Vorspeisen bereitet werden. Rundherum die Zone der Gasthauseinsteiger oder Kurzverweiler. Sie finden in einer freundlich-lockeren übers Kreuz gestellten Tischlandschaft ihre Plätze, ohne hochoffiziös vom Maître eingewiesen zu werden.

Hinter einem optisch durchlässigen Raumteiler wird es sesshafter. Hier deutet die hölzerne Lamperie an den Wänden die Gaststube von früher an, rechtsseitig überwölbt diese schützend die Tischfronten, zerbröselt akustisch die Gespräche, überrieselt die Szenerie mit sanftem indirektem Licht.

Gläserner Kubus

Wer's ganz intim braucht, dem steht mit einem neuen gläsernen Kubus im Gartenbereich des Museums eine Zone gepolsterter Eleganz zur Verfügung: Textil bespannte raumhohe Elemente teilen diese ansonsten transparente Räumlichkeit in Separees, in denen je ein Tisch zu ungestörten Besprechungen jeder Art einlädt.

Foto: APA/Schlager

Auch der Gang zum Ort der Stille im unteren Geschoß lässt keine Wünsche offen, die WCs orientieren sich ausnahmsweise nicht an den klassischen Gasthaus-Vorbildern sondern wurden als farbenfroh rundliche Hygiene-Oasen ausgebildet.

Neue Architektur behutsam integriert

Insgesamt betrachtet lässt sich feststellen, dass die neue Architektur behutsam in den riesigen Saal mit der schönen Decke integriert werden konnte – der aufgrund seiner Dimension schwierig zu bespielende Raum bekam den rechten Rhythmus, die rechte Raumschwingung.

Auch kleinere, womöglich nur unbewusst wahrgenommene Details werden das Gasthaus liebenswert machen: Die sorgfältig abgestimmte versteckte Beleuchtung etwa, oder die der Ellenbogenform des Lümmelnden entsprechende Bar-Kante. Denn im Gasthaus zählen die Gäste und der Wirt, das Essen, das Trinken und die Gemütlichkeit. (Ute Woltron/DER STANDARD, Printausgabe, 23.2.2006)

Seite 2: Eine neue Dimension der Beislkultur

Eine neue Dimension der Beislkultur

Wien – Das Ziel ist einfach formuliert: Die Begriffe Beisl und Wiener Gasthaus sollen im Wiener MAK in neue Sphären erhoben werden. "Klassische Wiener Küche auf höchstem Niveau", wie es Spitzenkoch Helmut Österreicher formuliert. "Kleinere Portionen zu moderaten Preisen", wie Wolfgang Rosam betont.

"MAK-Teller"

Österreicher und Rosam, der frühere Steirereck-Koch und der ehemalige Publico-Chef präsentierten am Mittwoch ihr gemeinsames Lokal "Österreicher im MAK", den "Prototyp für ein Gasthaus-System – den Begriff Systemgastronomie wollen wir vermeiden", so Rosam. Zwei Themen bringt Österreicher, der selbst eher weniger hinterm Herd stehen wird, auf die Speisekarte – die Klassiker und moderne Wiener Küche. Dazu einen "MAK-Teller" für arbeitende Menschen in der Umgebung und den "Österreicher Mittagsbraten" zwischen 11.30 und 15 Uhr, ein Fleischstück frisch aus dem Rohr.

Die Hauptspeisen starten bei 6,80 Euro (Krautfleckerln) und gehen bis zu 15,80 Euro (Tafelspitz, Schweinslungenbraten). Vorne an der Bar auch noch andere Wiener Klassiker wie Gabelbissen, Leberkäs, Würstel mit Saft. Hier auch keine Longdrinks – dafür aber jeweils mindestens 20 Weine aus der Weinkarte, die glasweise angeboten werden.

Zwei Millionen Euro investiert

Zwei Millionen Euro wurden investiert – und dies soll erst der Anfang gewesen sein: In den nächsten zehn Jahren sollen sieben bis acht derartige "Österreicher"-Lokale im In- und Ausland entstehen, kündigte Rosam an. Lesen Sie die Restaurant-Kritik Freitag im Rondo. (frei/DER STANDARD, Printausgabe, 23.2.2006)