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Stephen Gaghan und George Clooney vor der Vorführung von 'Syriana' bei der 56. Berlinale

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Ein CIA-Agent, der in die Bredouille gerät: George Clooney, um etliche Pfunde schwerer als gewöhnlich, in Stephen Gaghans Thriller "Syriana".

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Der komplex angelegte Agententhriller "Syriana" thematisiert die korrupten Machenschaften rund ums Öl-Geschäft – mit George Clooney als CIA-Agenten, der zum Sündenbock wird. Regisseur Stephen Gaghan im Gespräch.

Wien – Da werden pakistanische Gastarbeiter zur Arbeit auf den Ölfeldern eines Emirs rekrutiert. Dort wird ein Wirtschaftsanwalt losgeschickt, um den Zusammenschluss zwischen zwei US-Ölfirmen zu überprüfen. Während zur selben Zeit die Kleinfamilie eines Analysten in Genf noch friedlich beim Frühstück sitzt. Nachdem in Teheran vor nicht allzu langer Zeit eine Bombe explodierte.

In diese Aktion war wiederum ein CIA-Agent verwickelt, der nun zu Hause in den USA Probleme bekommt, weil er zu viele Memos schickt, anstatt einfache Antworten zu liefern. Und schließlich buhlen auch noch zwei Söhne eines Emirs – der eine ein ambitionierter Reformer, der andere mehr dem Jetset-Leben zugetan – darum, den greisen Vater zu beerben. Was wiederum die Geschäftspartner im Westen verstört und dort Handlungsbedarf nach sich zieht.

In Syriana, geschrieben und inszeniert von Stephen Gaghan (Traffic), geht es um Öl und Politik, um politische und ökonomische Interessen und um deren tendenzielle Ununterscheidbarkeit in globalisierten Zeiten: Der Titel ist ein Think-Tank-Begriff, der ein nach westlichen Interessen neu geordnetes Territorium im Nahen Osten bezeichnet. Die wesentlichen Akteure stammen aus den USA und dem Nahen Osten.

Die Handlung in einem linearen Bogen nacherzählen zu wollen, hieße die spezielle Bauart des Films zu ignorieren: Denn Syriana, sagte Gaghan während der Berlinale, erzählt zwar eine lineare Geschichte: "Sie findet innerhalb von sechs Wochen statt, jeder einzelne Erzählstrang ist linear – er hat einen Anfang, eine Mitte und ein Ende. Nur wenn man alles zusammen bringt, dann beginnt es, sich wie das Leben anzufühlen – und im Leben gibt es viele Mitspieler, viele Dinge kommen auf einen zu, man ist fortwährend gezwungen, mit etwas Schritt zu halten."

Gleichzeitigkeit

Syriana operiert also mit jener Unübersichtlichkeit und Gleichzeitigkeit, die er auch den Vorgängen, die er beschreibt, unterstellt. Oder, wie es Gaghan formulierte: "Ich habe nicht den Eindruck, dass wir es mit einer Welt zu tun haben, auf die man sich sehr einfach einen Reim machen kann. Es wäre ein Riesenfehler gewesen, die Geschichte durch den Hollywood-Fleischwolf zu drehen, wo am Ende, egal wie komplex ein Sachverhalt ist, alles in denselben Formeln aufgeht."

Die "Herausforderung" durch den Film, als die manche Kritiker höflich ihr Unverständnis umschrieben, sieht Gaghan vor allem insofern gegeben, als er eben solche (Genre-)Formeln hinterfragt: "Okay – es handelt sich um einen Agententhriller, den ein großes Studio produziert hat. Aber: Nichts von dem, an dem man sich für gewöhnlich orientiert, ist da. Es gibt keinen eindeutigen westlichen Helden, keinen weißen US- Amerikaner, der einen eindeutigen Sieg über eine dunkelhäutige oder einfach 'anders' aussehende Person einfährt. Eine jeweils spezifische Off-Musik, spezifische Farben oder Farbsättigung für 'Westen' und 'Orient' fehlen. Schon allein, wenn man das entfernt, erhöht man das Level an Herausforderung für den Zuschauer."

Im Unterschied zum Drogengeschäft, dem Gaghans Interesse beim Buch zu Traffic galt, ist das Ölgeschäft männlich: In Syriana gibt es – abgesehen von einer CIA-Führungskraft – mit Amanda Peet als Julie Woodward nur eine Frau in einer größeren Rolle. Und die Männer sind abgesehen von ihrer beruflichen Funktion noch als Söhne und/oder Väter in konfliktreichen familiären Konstellationen definiert.

Zum einen entspräche das seinen Recherchen, zum anderen, sagt Gaghan, habe es einen weiteren Erzählstrang um eine amerikanische Miss-Universe-Anwärterin gegeben – ebenso wie die Figur von Bob Barnes' Ehefrau sei sie nicht im fertigen Film gelandet: "Ich ermutige jeden, das Drehbuch zu lesen ..."

Der CIA-Agent Bob Barnes wird in Syriana von George Clooney verkörpert – Clooney hat das Projekt gemeinsam mit Steven Soderbergh auch produziert. Tatsächlich heißt Barnes Robert Baer. 21 Jahre war er im Nahen Osten eingesetzt, und Syriana basiert lose auf Motiven aus der Abrechnung mit seinem ehemaligen Arbeitgeber, die 2002 unter dem Titel See No Evil erschienen ist.

Hilfe vom CIA

Noch wichtiger für die Entstehung des Films und des Drehbuchs dürfte jedoch die Beratertätigkeit des ehemaligen CIA-Mannes gewesen sein, und die ausgedehnten Recherchereisen, die er mit Autor Gaghan im Vorfeld unternommen hat. Immerhin bescheinigt Baer dem fertigen Film eine Authentizität, die Agententhriller gemeinhin vermissen ließen: "Ich habe nichts gegen James-Bond-Filme, die ja keinerlei Realitätsanspruch erheben. The In-Laws, Hopscotch mit Walter Matthau, Mr. & Mrs. Smith – die sind doch komisch, gegen die habe ich gar nichts. Filme, die von sich behaupten ernst gemeint zu sein, aber ihre Arbeit nicht gründlich erledigt haben, finde ich allerdings ärgerlich." (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23.2.2006)