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EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und Bildungskommissar Ján Figel stellten am Mittwoch die Pläne für eine EU-Eliteuniversität vor. Die Einrichtung soll sich auf Naturwissenschaften konzentrieren und "European Institute of Technology" (EIT) heißen. Wie der Standard berichtete, soll eine zentrale Stelle eingerichtet werden, die mit einem Netz von Forschungseinrichtungen an bereits bestehenden Universitäten verbunden werden soll.

In so genannten Wissensgemeinschaften in verschiedenen EU-Staaten sollen Teams oder Abteilungen für einen Zeitraum von zehn bis 15 Jahren für das EIT abgestellt werden, erläuterte Figel. Sie sollen sich auf angewandte und Grundlagenforschung mit einer starken Anbindung an die Industrie konzentrieren. Barroso nannte als Schwerpunkte den Bereich Umweltschutz, Energie, Informationsgesellschaft- und technologie sowie Nanotechnologie.

Barroso betonte, dass noch keine Entscheidung über den Standort getroffen worden sei: weder zum Sitz des EIT noch zu den Wissensgemeinschaften. "Wenn wir das jetzt diskutieren, wird das nie etwas werden." Mehrere EU-Staaten haben sich schon formal beworben, Österreich will Gugging ins Rennen um ein Wissenszentrum schicken.

Ein Ort mit Tradition

Kommissar Figel schränkte ein: "Es soll sich um einen Ort handeln, wo es eine gewisse Tradition für das Gebiet der Naturwissenschaften gibt." Am Anfang soll es ein, zwei Wissenszentren geben, dies soll dann ausgeweitet werden. "In einem Jahrzehnt sind es vielleicht zehn", meinte Figel.

Offen ist auch noch, wer die Einrichtung finanzieren soll. Barroso will erst den Plan diskutieren, "hinterher schauen wir, wo wir Geld herbekommen." Bisher wurde angenommen, dass zwei Milliarden Euro für das Institut zwischen 2010 und 2013 notwendig sein werden. Für die Startphase, die 2009 beginnen soll, wurde mit 1,5 Milliarden gerechnet.

Barroso sagte, es sollen Mittel aus dem EU-Haushalt, von den Mitgliedstaaten und der Industrie kommen. Er habe mit Wirtschaftsvertretern schon gesprochen, die Idee sei auf Interesse gestoßen. Auch von Microsoft-Gründer, dem US-Amerikaner Bill Gates, sei die Idee "gut aufgenommen worden", sagte Barroso. "Ich habe aber nicht gesagt, dass ich Geld von ihm will. Wenn jedoch Geld von außerhalb Europas kommt, wird das auch gerne genommen."

Der Plan wird nun den Mitgliedstaaten vorgelegt, die beim EU-Gipfel im März unter österreichischer Präsidentschaft eine Entscheidung treffen sollen. "Wir erwarten eine positive Reaktion", sagte Barroso und kündigte an, dann auch einen konkreten Gesetzesvorschlag vorlegen zu wollen. Noch sei "das Modell nicht in Stein gemeißelt".

Kritik an dem Plan kommt nicht nur von Barrosos eigenem wissenschaftlichem Beraterteam, das Konkurrenz zur beschlossenen Förderung von Spitzenforschung im Rahmen des Europäischen Forschungsrates fürchtet. Ablehnung kommt auch von Universitäten. Der frühere EU-Außenkommissar und nunmehrige Kanzler der Universität Oxford, Chris Patten, hatte den Vorschlag zuletzt heftig kritisiert: Er sagte, dass Europa bereits ein oder zwei Einrichtungen habe, die so gut wie das "Massachusetts Institute of Technologie" (MIT) - das erklärte EIT-Vorbild - arbeiteten. Einige mehr hätten das Potenzial dazu, wenn sie mehr Finanzmittel hätten.

Auf Kritik ging Barroso aber nicht ein. Er betonte mehrfach, dass Europa mehr tun müsse, um im Wettbewerb mit den USA und zunehmend China mithalten zu können. "Wir müssen einfach mehr tun, damit Europa mehr bietet für die Besten und die Klügsten." (DER STANDARD, Printausgabe, 23.2.2006)