Wien - SPÖ und Grüne fordern nun einen österreichischen Vorstoß für die Einführung einer europaweiten Tobin-Steuer auf Devisentransaktionen. Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und das BZÖ hätten ein derartiges Modell bereits vor einem Jahr vorgeschlagen, umgesetzt worden sei aber nichts, kritisierten die Budgetsprecher von SPÖ und Grünen bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am Mittwoch. Sie wollen nun einen gemeinsamen Entschließungsantrag im Finanzausschuss einbringen und sprechen von einer "Nagelprobe" für den EU-Ratsvorsitzenden Schüssel.

Für SP-Budgetsprecher Christoph Matznetter wäre ein österreichischer Vorstoß ein Signal des Ratsvorsitzes an die anderen EU-Länder. Sein Grüner Kollege Werner Kogler befürchtet, dass Schüssel das halbe Jahr seiner EU-Präsidentschaft in Sachen Tobin-Steuer untätig verstreichen lassen wird. Kogler: "Es wird Zeit, dass auch die ÖVP Farbe bekennt." Schüssel hatte sich zuletzt im EU-Parlament für eine EU-weite Tobin-Tax ausgesprochen.

Konkret beschließen wollen SPÖ und Grüne im Finanzausschuss am Donnerstag einen ersten österreichischen Schritt in Richtung einer EU-weiten Tobin-Steuer. Ähnliches hätten auch Frankreich und Belgien schon getan, argumentieren die Oppositionspolitiker. In Kraft treten soll das Modell aber erst, wenn alle EU-Staaten eine Devisentransaktionssteuer eingeführt haben. Matznetter hofft auf einen EU-Weiten "Dominoeffekt". Einen österreichischen Alleingang lehnen SPÖ und Grüne ab.

Die Funktionsweise

Funktionieren soll die Tobin-Steuer folgendermaßen: Besteuert würden Devisentransaktionen (also beispielsweise der Umtausch von Euro in Yen). Hier würde ein EU-weit einheitlicher Steuersatz von 0,01 bis 0,04 Prozent einbehalten. Besonders stark betroffen wären davon laut Matznetter kurzfristige Spekulanten, weil sie innerhalb kürzester Zeiträume hohe Kapital-Volumina verschieben. Er spricht daher von einer "Lenkungsabgabe" - schädliche Spekulationen wie im Vorfeld der Asienkrise 1997 sollen damit verhindert werden.

Einbringen soll die Tobin-Tax rund 20 Mrd. Euro, die nach Ansicht von SPÖ und Grünen in die europäische Entwicklungszusammenarbeit fließen sollen. Mit der Einführung einer derartigen Steuer auf die USA zu warten, ist laut Matznetter nicht nötig. "Ein EU-Alleingang ist auf Grund der Bedeutung der EU auf den internationalen Finanzmärkten möglich." Eine EU-weite Steuer könnte seiner Meinung nach auch ohne die USA zwei Drittel der internationalen Devisentransaktionen erfassen.

Als Vorleistung auf eine rot-grüne Koalition nach der Nationalratswahl wollen Matznetter und Kogler ihre gemeinsame Pressekonferenz nicht verstanden wissen. Matznetter sagte, er habe zwar persönliche Präferenzen, "bis zum Wahltag" werde es aber "keine Festlegung" geben. Und Kogler meinte, er sei "selbstverständlich für eine rot-grüne Option". Sollte es nach der Wahl aber auch eine "schwarz-grüne Option" geben, müsse man diese ebenfalls prüfen. (APA)