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Das kleine "Damen-Spritzerl" und dazu ein Fläschchen mit der Aufschrift "Cocain". Dieser Stoff wurde zu Sisis Zeit unter anderem gegen Melancholie verordnet.

Foto: APA/PFARRHOFER

Wien – Es ist die größte private Sisi-Sammlung, die für das Sisi-Museum in der Wiener Hofburg angekauft wurde – doch für das größte Aufsehen wird das kleinste Schächtelchen und ein Fläschchen dieser Sammlung sorgen: "Cocain" steht auf dem Fläschchen, "cocainspritze von Geo Poulson" auf der Schachtel. Darin ein kleines, zerlegtes Instrument, ein richtiges Damen-Spritzerl.

Nun liegt es an Katrin Unterreiner, der Wissenschaftlichen Leiterin des Sisi Museums, dafür zu sorgen, dass die Kaisergattin nicht posthum und in übertragenem Sinne die Skirennläuferin Renate Götschl als "Speed Queen" ablöst. Dass sich Elisabeth offenbar gelegentlich Kokain injizierte, bedeute keinesfalls, dass sie süchtig gewesen sei. Kokain wurde damals als Medikament eingesetzt, betont Unterreiner.

Kokain habe Sigmund Freud nach Eigenversuchen auch als Stimulanz gegen geistige- und körperliche Erschöpfungszustände empfohlen. Und es sei zu Sisis Zeit als Medikament etwa gegen Melancholie verabreicht worden. Als Droge sei die Substanz erst in den 40er- und 50er-Jahren des verwichenen Jahrhunderts eingestuft worden.

Nun mag dieses Detail aus Sisis Reiseapotheke zu allerlei Spekulationen über Persönlichkeit und Verhalten verführen – die restlichen rund 250 Exponate der "Sammlung Klauda" sind wohl weit aufschlussreicher. "Es hilft, unser Thema, der authentischen Präsentation der Person besser darstellen zu können", freut sich Unterreiner.

Klischee und Legende

So gelingt es nun leichter, gängige Klischees und Legenden zu thematisieren und zu relativieren. Wird Sisi stets als Mode- und Stilikone dargestellt, so zeigen die Textilien dieser Sammlung, dass sie sich keineswegs prunkvoll und bombastisch präsentiert, sondern vielmehr in schlichter Eleganz. Kleider mussten zunächst einmal praktisch sein und ihrem Bewegungsdrang entsprechen. War der Saum vorne höher geschnitten, so deshalb, damit sie schneller und leichter ausschreiten konnte.

Marschierstiefel

Auch die Stiefletten waren weniger aufs Schreiten und mehr aufs Marschieren ausgerichtet und mussten den exzentrisch-kaiserlichen Gewaltmärschen standhalten.

Oder auch die geschnürte, schlanke Silhouette der Kaisergattin: Diese Erscheinung ging eigentlich voll gegen das Schönheitsideal der Zeit und konnte erst Jahrzehnte später zum Kult erhoben werden.

Vor 25 Jahren hatte der inzwischen verstorbene Mann von Jutta Laskowski-Klauda die Sisi-Devotionalien zu sammeln begonnen. Da finden sich etwa Schuhe, Taufkleid und andere seltene Gegenstände aus Elisabeths Kindheitstagen. Oder eine Toilette-Garnitur, eine Reise-Waschgarnitur – und eben auch die berüchtigte Handapotheke.

All dies war bisher in München präsentiert worden und wurde nun von der Schönbrunner Schlossgesellschaft und der Bundesimmobilienverwaltung gemeinsam um 850.000 Euro angekauft. Der Großteil – 750.000 Euro – kam von den Schönbrunnern, wie Geschäftsführer Franz Sattlecker erläuterte.

Die Sammlung solle im Sisi-Museum nun nicht auf einmal, sondern sukzessive ausgestellt werden, so Sattlecker. Die ersten Stücke sollen ab 1. April zu sehen sein.

Apotheke und "Cocainspritze" werden erst im Herbst dem interessierten Publikum präsentiert. Wenn auch die anderen Inhalte der Apotheke, wie "Chinin Pillen" oder "Antiseptische Mundpillen", wissenschaftlich aufbereitet sind. (Roman David-Freihsl, DER STANDARD – Printausgabe, 22. Februar 2006)