Xenia Hausner zeigt im Kunsthaus Wien, wie ein "Sportstück" zum Einnehmen belegter Posen verführt.

Foto: VBK Wien/ Xenia Hausner, 2006
Wien - Irgendwann scheint Xenia Hausner ein Zweifel gekommen zu sein am Kultivieren von Malerei. Ein Zweifel, stärker als der Glaube an die sinnstiftende Kraft von Acryl auf Hartfaser. Vielleicht auch war es nur Langeweile oder die morgendämmernde Einsicht, dass die Berliner Paris Bar doch leicht aus dem Mittelpunkt der Welt gerückt ist: Jedenfalls macht auch sie jetzt in Mixed Media. Und unweigerlich fühlt man sich an jene Wertgeschulten erinnert, die ihr Haar erstmals liebend wallen ließen, als der Punk schon nur mehr gespielt zornig war.

Fotos kommen jetzt in die Bilder, die auch nicht mehr auf Holz oder Leinwand gründen, sondern ganz am Puls der Zeit auf "Dibond", worunter der beeindruckte Laie sich jetzt wiederum eine hochwertige Kunststoff/Metall-Verbundplatte mit Polyethylenkern und beidseitiger Aluminiumbeschichtung vorstellen muss, die u. a. die Eigenschaft extremer Wetterbeständigkeit eingebaut hat. Dem Gebrauch durch den Künstler kommt entgegen, dass der Hersteller auch mit der Wertbeständigkeit seines Trägermediums argumentiert. Und auf so einer Dibondplatte hält Xenia Hausner etwa ein Working Girl fest, eine schon reifere und etwas strenge Näherin, die vor dem Hintergrund einer Pinnwand für freie Zitate aus der Kunstgeschichte weltvergessen über ihrem lippenroten Maßband sinniert.

Überhaupt finden außer André Heller und zwei Josés sowie Bundespräsident Heinz Fischer eher Frauen in Hausners Bildwelten. Mädchen und Damen, die verbindet, dass sie allesamt ungemein bedeutungsgeschwängert mit weit aufgerissenen Augen ins Nichts schauen; leicht unglücklich, so als hätten sie sich verwunschen bzw. würden eben ahnen, dass so etwas jederzeit passieren könnte.

Gefasst harren sie dieses Moments und drücken Haltung aus. Und Kunstsinn: Da wird unglaublich oft der stets denkende Kopf von Hand gestützt, da wird unglaublich gekonnt lasziv an der Wand gelehnt. Selbst Kindern schreibt Hausner diese Posen ein. Ein vielleicht gerade einmal vorschulreifes Mädchen etwa sitzt da schwermütig verloren vor einer Wassermelonenspalte am Strand von St. Tropez in einem ihr nicht angemessen großen Liegestuhl und wundert sich, wie wohl der Christian Ludwig Atterseefisch in die Schaumkronen an der Côte d'Azur kommt.

Da hilft selbst der blaue Luftballon nichts: Vergebens zerrt er an der kleinen Hand, allein, sie will nicht spielen. Und ähnlich ungehört auch fordern Bälle nach sinnstiftenden Tritten, sie über das Feld zu jagen, allein die Spieler sind ganz Kopf, sind über all dem Denken ihrer ausübungsbefähigten Glieder verlustig gegangen. Und so lustverheißend drall und rund der Ball auch sein mag, von allein kommt er nun einmal nicht ins Rollen.

Xenia Hausner liefert Illustrationen, kunstfertige Handlungsanweisungen zum anständigen Bewahren von Haltung, wenn alles öd und leer geworden ist. (DER STANDARD, Printausgabe, 18./19.2.2006)