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Bildungstheoretiker Hermann Nohl: "Wir dürfen nicht von den Schwierigkeiten ausgehen, die ein Kind macht, sondern von denen, die das Kind hat."

Foto: APA/dpa/Weihrauch
"Man kann davon ausgehen, dass fünf bis zwölf Prozent der rund 90.000 steirische Pflichtschüler Verhaltensauffälligkeiten haben, so genannte sozio-emotionale Defizite", so Herbert Buchebner, Landesschulinspektor für Sonderpädagogik. 20 Dienstposten für Stützlehrer - 2004 unter Kristina Edlinger-Ploder eingeführt - und 32 für Beratungslehrer gibt es in der Steiermark, ab dem Sommersemester kommen 48 von Bildungslandesrätin Bettina Vollath bewilligte zusätzliche entsprechende Posten hinzu.

Anderes Verhalten

Ein auffälliger Schüler verhalte sich oft erheblich anders als die meisten Gleichaltrigen in der gleichen oder ähnlichen Situation, so Buchebner und zitierte Bildungstheoretiker Hermann Nohl: "Wir dürfen nicht von den Schwierigkeiten ausgehen, die ein Kind macht, sondern von denen, die das Kind hat." Das auffällige Verhalten hätte für den Betroffenen meist die Funktion "zu helfen, die eigenen Probleme zu lösen und Aufmerksamkeit sicherzustellen." Einen höheren Anteil auffälliger Schüler finde man übrigens in städtischen Bereichen.

Die Unterscheidung zwischen verhaltensauffälligen und -behinderten Schülern sei wissenschaftlich nicht haltbar: "Wir brauchen sie nur für die schulische Unterscheidung", so Buchebner. Die Ursachen bei verhaltensbehinderten Kindern würden in organisch bedingten Defiziten liegen oder in massiven, psychisch bereits manifestierten Erkrankungen.

Die Auffälligkeiten reichen vom "auffällig Unauffälligen" über das Stören des Unterrichts, Selbstverletzung bis zur Verletzung von anderen. Die Gründe sind vielfältig: soziale Schwierigkeiten, Hyperaktivität, Ängste, Überforderung, psychosomatische Beschwerden oder Depressionen. Auch die "geänderte Kindheit von der Großfamilie zum Alleinerzieher" lasse die Zahl steigen.

Netzwerk bilden

Das Ziel sei, eine Verhaltensänderung zu bewirken. Liegen die Ursachen im schulischen Bereich, müsse der Lehrer Maßnahmen setzen. Reichen diese nicht aus, müsse Hilfe organisiert werden, über Schulpsychologen, Verhaltenslehrer oder Sonderpädagogen. "Vertrauenslehrer müssen für ein Hilfsnetz aus ansässigen Psychologen, Ärzten und Neurologen sorgen", so Buchebner. Gefragt sei eine wohnortnahe Betreuung, nur in Notfällen ergebe eine vorübergehende Unterbringung von verhaltensbehinderten Schülern in heilpädagogischen Stationen Sinn.

Wichtig sei laut Buchebner die Qualität der Lehrerausbildung, in der Steiermark durch Lehrgänge und Zusatzausbildungen gesichert. Einige Bezirke hätten die "Zeichen der Zeit" erkannt und in regionalen, schulinternen Lehrerfortbildungen bereits Akzente gesetzt. Grundsätzlich müsse man schon bei der Erziehung der Kleinen ansetzen. Hier wünscht sich Buchebner Hilfe für die Eltern "durch Aufklärung, was bei der Erziehung eines Kindes wichtig ist". (APA)